Bis 2015

Wir forschen an der Pathogenese und Anpassungsfähigkeit von Pilzen.

  • Nährstoffakquisition und Metabolismus pathogener Pilze im Infektionsprozess
  • In vivo Real-time Imaging von Pilzinfektionen in murinen Infektionsmodellen
  • Sekundärmetabolite von Aspergillus terreus

Lebensbedrohliche Pilzinfektionen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies ist besonders auf eine erhöhte Zahl von Patienten mit Immunsuppressionen zurückzuführen. Das wissenschaftliche Verständnis dieser Infektionen, sowie ihrer Behandlungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt.

Wir untersuchen daher die Fähigkeit pathogener Pilze, Nährstoffe aus der Wirtsumgebung zu akquirieren und für den eigenen Metabolismus zu nutzen. Dabei wird sowohl nach allgemeingültigen metabolischen Prozessen wie auch Spezies-spezifischen Unterschieden geforscht, welche die Vielfalt der möglichen Wirt-Pathogen-Interaktionen widerspiegeln. Da die Nährstoffaufnahme essentiell für die Infektionsetablierung ist, sollen durch unsere Studien Ansatzpunkte für neue Antimykotika definiert werden.

Untersuchungen zum Infektionsprozess greifen häufig auf konventionelle Infektionsmodelle zurück, wobei nur Schnappschüsse der Infektion aufgenommen werden, aus denen das Gesamtbild des Infektionsverlaufs zusammengesetzt werden muss. Daher entwickeln wir in vivo-Imaging Systeme, über die eine Progression der Pilzinfektion im individuellen lebenden Versuchstier in zeitlicher und räumlicher Auflösung verfolgt werden kann. Dies ermöglicht es, die Wirksamkeit von Antimykotika in vivo zu studieren und kryptische Infektionsnischen aufzuspüren, die über histologische Analysen leicht übersehen werden können.

Letztendlich untersuchen wir am Beispiel von Aspergillus terreus den Einfluss von Sekundärmetaboliten auf Pathogenese und Anpassung an die Umwelt. Ausgewählte Metabolite werden hierbei auf ihre biologische Aktivität überprüft, um einen Zusammenhang zwischen Bildung eines Naturstoffs und Umweltbedingungen zu definieren.

Leitung

Matthias Brock

Kohlen- und Stickstoff-Metabolismus

Die Erkennung, Aufnahme und Verwertung von Nahrungsquellen ist für alle Lebewesen eine zwingende Existenzvoraussetzung. Daher müssen pathogene Mikroorganismen nicht nur in der Lage sein, Angriffe des Immunsystems abzuwehren, sondern auch die Nährstoffe aus der Wirtsumgebung zu nutzen.

In unseren Arbeiten studieren wir daher die Stoffwechselphysiologie pathogener Pilze, um die spezifische Bedeutung kataboler und anaboler Stoffwechselwege im Infektionsprozess zu definieren. Beispiele hierfür sind der Abbau von Propionyl-CoA-erzeugenden Nährstoffquellen, die Bedeutung des Glyoxylatzyklus in der Virulenz oder die de novo Synthese der Aminosäure Lysin. Da essentielle Stoffwechselwege geeignete Ziele für neue antifungale Substanzen darstellen, werden diese Untersuchungen zwar initial nur an einer ausgewählten Pilzspezies durchgeführt, nachfolgend aber auf andere Spezies übertragen. Bei diesen Vergleichen ergibt sich häufig, dass verschiedene Spezies unterschiedliche Lösungswege für ein bestimmtes metabolisches Problem entwickelt haben.

Schlüssel-Intermediate metabolischer Stoffwechselwege
Schlüssel-Intermediate metabolischer Stoffwechselwege

In vivo-Visualisierung von Pilzinfektionen

Zur Untersuchung der Virulenz, Bedeutung einzelner Immunkomponenten, sowie Studien zur Wirksamkeit antifungaler Substanzen werden häufig murine Infektionsmodelle herangezogen. In konventionellen Studien, in denen zu definierten Zeitpunkten einzelne Tiere dem Versuch entnommen werden, wird in der Regel nur ein Schnappschuss des Infektionsverlaufs sichtbar. Durch in vivo Imaging kann hingegen in individuellen Tieren die Etablierung und Progression einer Infektion über ein nicht-invasives Verfahren in zeitlicher und räumlicher Auflösung verfolgt werden. Hierdurch können bisher unerkannte Infektions-Reservoirs genauso sichtbar gemacht, wie auch die Wirksamkeit einer antifungalen Therapie in verschiedenen Organen in Echtzeit verfolgt werden.

Da insbesondere Lumineszenzsysteme ein sehr gutes Signal-Rausch-Verhältnis bei in vivo-Untersuchungen aufweisen, etablieren wir Reporterstämme verschiedener Pilzspezies mit einer besonders hohen Sensitivität im Biolumineszenz-Imaging. Hierfür werden die Reportergene synthetisch auf die Zielorganismen angepasst, unter die Kontrolle starker Promotoren gestellt und die resultierenden Stämme auf ihre Lichtemission überprüft. Zurzeit arbeiten wir insbesondere an der Herstellung biolumineszierender Aspergillen, Candida Spezies und Kryptokokken.

Visualisierung der Persistenz von Candida albicans in der Gallenblase.
Visualisierung der Persistenz von Candida albicans in der Gallenblase. A.) In vivo Imaging. B.) Ex vivo Imaging. C.) Räumliche 3D-Rekonstruktion des Ursprungs des Signals aus A.

Interaktion mit Immunzellen

Insbesondere Zellen des angeborenen Immunsystems sind maßgeblich an der Erkennung, Kontrolle und Beseitigung pilzlicher Pathogene beteiligt. Daher sind Patienten mit abgeschwächtem Immunsystem besonders stark für lebensbedrohliche Pilzinfektionen anfällig. Die Bedeutung der einzelnen Komponenten des Immunsystems in der erfolgreichen Abwehr von Pilzinfektionen ist jedoch in vielen Bereichen noch nicht vollständig verstanden. Weiterhin kann die Bedeutung einzelner Immunzellen von Spezies zu Spezies unterschiedlich sein. Zusätzlich haben verschiedene Pilze unterschiedliche Strategien entwickelt, um den Angriffen des Immunsystems zu entkommen.

Wir fokussieren unsere Arbeiten insbesondere auf die Unterschiede der Immunzell-Interaktion von Aspergillus fumigatus und Aspergillus terreus. Hier konnten wir zeigen, dass die Interaktion mit Alveolarmakrophagen -die eine erste Abwehrlinie gegenüber Pilzsporen bilden- bei beiden Spezies unterschiedlich verläuft. A. fumigatus unterdrückt die Ansäuerung von Phagolysosomen und entkommt den Makrophagen durch rasche Bildung von Filamenten. A. terreus verhindert diese Ansäuerung nicht, kann jedoch über mehrere Tage und Wochen in den Phagolysosomen persistieren. Dieser Unterschied beruht insbesondere auf einer unterschiedlichen Zusammensetzung der Sporenpigmente der beiden Spezies. Da A. terreus Infektionen häufig in einer besonders schwer zu therapierenden disseminierten Form auftreten, untersuchen wir derzeit die Fähigkeit von A. terreus, bestimmte Immunzellen als Vehikel im Wirtsorganismus zu nutzen.

Ausbruch von Aspergillus fumigatus aus Makrophagen
Ausbruch von Aspergillus fumigatus aus Makrophagen

Sekundärmetabolite von A. terreus

Aspergillus terreus ist insbesondere durch die Bildung des Primärmetaboliten Itaconsäure sowie des Sekundärmetaboliten Lovastatin bekannt. Itaconsäure ist für zahlreiche chemische Prozesse ein interessantes Intermediat; Lovastatin wird zur Therapie hoher Cholesterinspiegel eingesetzt, da es die HMG-CoA Reduktase hemmt. Genomsequenzierungen haben gezeigt, dass A. terreus ein deutlich höheres Potential zur Bildung von Naturstoffen besitzt, als bisher über Extraktion und Identifikation von Metaboliten experimentell nachgewiesen werden konnte.

Wir versuchen daher in unseren Studien einzelne Gencluster aus A. terreus zu aktivieren. Ziel ist es, neue Metabolite zu identifizieren und deren biologische Aktivität zu bestimmen. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei jedoch auch auf den natürlichen Umweltbedingungen, die zu der Produktion einzelner Metabolite führen. So ist eines der Ziele, den biologischen Aktivitäten und der Produktion einzelner Substanzen den induzierenden Bedingungen im natürlichen Lebensraum zuzuordnen. Hierfür werden Cluster-spezifische Reporterstämme generiert, um die Induktion eines Genclusters unter ausgewählten Bedingungen verfolgen zu können. So konnten wir kürzlich einen Zusammenhang zwischen der Produktion des Naturstoffs Terrein und der Interaktion mit Pflanzen herstellen. Terrein wird in großen Mengen insbesondere in Medien produziert, die auf pflanzlichen Bestandteilen basieren. Terrein selbst kann die Oberfläche von Früchten schädigen und die Keimung von Pflanzensamen unterdrücken. Daher scheint die Produktion von Terrein eine Anpassung an den Lebensraum in der Rhizosphäre darzustellen. Eine weiterführende Charakterisierung hierzu und anderer Metabolite sind zurzeit in Untersuchung.

Terrein-induzierte Läsionen auf der Oberfläche einer Banane
Terrein-induzierte Läsionen auf der Oberfläche einer Banane

Publikationen

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Geib E, Gressler M, Viediernikova I, Hillmann F, Jacobsen ID, Nietzsche S, Hertweck C, Brock M (2016) A non-canonical melanin biosynthesis pathway protects Aspergillus terreus conidia from environmental stress. Cell Chem Biol 23(5), 587-597.
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Gressler M, Hortschansky P, Geib E, Brock M (2015) A new high-performance heterologous fungal expression system based on regulatory elements from the Aspergillus terreus terrein gene cluster. Front Microbiol 6, 184.
Gressler M, Meyer F, Heine D, Hortschansky P, Hertweck C, Brock M (2015) Phytotoxin production in Aspergillus terreus is regulated by independent environmental signals. eLife 4, e07861.
Brunke S, Seider K, Richter ME, Bremer-Streck S, Ramachandra S, Kiehntopf M, Brock M, Hube B (2014) Histidine degradation via an aminotransferase increases the nutritional flexibility of Candida glabrata. Eukaryot Cell 13(6), 758-765.
Jacobsen ID, Lüttich A, Kurzai O, Hube B, Brock M (2014) In vivo imaging of disseminated murine Candida albicans infection reveals unexpected host sites of fungal persistence during antifungal therapy. J Antimicrob Chemother 69(10), 2785-2796.
Otzen C, Bardl B, Jacobsen ID, Nett M, Brock M (2014) Candida albicans utilizes a modified β-oxidation pathway for the degradation of toxic propionyl-CoA. J Biol Chem 289(12), 8151-8169.
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