Bis 2024
Biosynthesewege von Naturstoffen haben in der Evolution eine große Vielfalt chemischer Strukturen hervorgebracht, die synthetische Biologen noch weiter zu vergrößern versuchen. Modulare Architekturen von Biosynthesewegen scheinen evolutionäre Diversifikation zu begünstigen – außerdem erlauben sie synthetischen Biologen, ihre Module zu mischen und zu verändern. Solche maßgeschneiderten Naturstoffe können möglicherweise in der medizinischen Chemie Anwendung finden, da Naturstoffe häufig biologische Aktivitäten zeigen. Obwohl Naturstoff-Designer vielversprechende Beispiele für „unnatürliche“ Naturstoffe erzeugt haben, zeigt sich Bedarf nach einfacheren und verlässlicheren Design-Werkzeugen.
Unsere Gruppe erforscht die modularen Biosynthesewege von nichtribosomalen Peptiden, wie zum Beispiel der Antibiotika Gramicidin S und Penicillin oder des Immunsuppressivums Cyclosporin. Unser Ziel ist es, zuverlässigere Methoden zum Umfunktionieren von nichtribosomalen Peptidsynthetasen zu entwickeln. Dabei stützen wir uns auf mechanistische Analysen von manipulierten Synthetasen, neue Hochdurchsatz-Screeningmethoden und ihre Anwendung in Experimenten zur Laborevolution. Gerichtete Evolution rekapituliert den von Charles Darwin beschriebenen Evolutionsprozess in zielgerichteter und beschleunigter Form und könnte dazu verhelfen, künstliche Peptidsynthetasen zu generieren, die den natürlichen ebenbürtig sind.
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Leitung
Enzymologie
Nichtribosomale Peptidsynthetasen (NRPS) sind Ketten von enzymatischen Domänen, die im organisierten Zusammenspiel Peptide aus Aminosäurebausteinen zusammensetzen. Wenn Enzym-Designer Domänen austauschen oder die Bevorzugung bestimmter Aminosäurebausteine modifizieren, können Proteinstrukturen Schaden nehmen oder einzelne Syntheseschritte verlangsamen sich, so dass die Peptidsynthese zum Erliegen kommt. Wir analysieren modifizierte NRPS, um kinetische Engpässe aufzuspüren und um aus Fehlern zu lernen. Zu diesem Zweck setzen wir spektrophotometrische Untersuchungen und UPLC-MS ein, mit denen wir Reaktionsprodukte, Nebenprodukte und am Enzym-gebundene Intermediate detektieren können. Zur Aufnahme von Substratprofilen haben wir den HAMA Assay entwickelt (Abbildung), der parallel für dutzende Substrate die Präferenz bestimmen kann. Kinetische Profile werden vor dem Hintergrund von strukturellen Modellen analysiert. Im nächsten Schritt wird es vielleicht möglich sein, kinetische Engpässe durch das Einführen von zielgerichteten Mutationen zu entfernen um effizientere Designer-NRPS zu erschaffen.
Gerichtete Evolution
Evolutionäre Methoden können hochkomplexe Probleme lösen, wie etwa das Umbauen von Fließband-Synthetasen für Naturstoffe. Dabei ist wichtig, dass die wenigen guten Lösungen problemlos von einer großen Zahl schlechter Lösungen unterschieden werden können. Bei der gerichteten Evolution häufen sich kleine Verbesserungen in mehreren Runden aus Mutagenese und Screening an, bis eine erwünschte Eigenschaft erreicht wurde. Dafür ist es auschlaggebend, möglichst viele Mutanten screenen zu können. Für die Anwendung in der gerichteten Evolution erforschen wir innovative Hochdurchsatz-Screens für NRPS Aktivität, die auf Laboren im Chipformat, Präsentation auf Zelloberflächen und Fluoreszenz- gesteuertem Sortieren beruhen.
DNA Nanobiotechnologie
Wir wollen kombinatorische Biosynthese von Peptiden ermöglichen, indem wir einen DNA-programmierbaren, biokatalytischen Peptidsynthesizer konstruieren, den wir NONRIBOSOME nennen. DNA wurde verwendet, um Enzyme in katalytischen Kaskaden anzuordnen, in denen die Nähe zueinander den katalytischen Durchsatz erhöht. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt bei enzymatischen Montagelinien wie den nichtribosomalen Peptidsynthetasen, bei denen Zwischenprodukte der Peptidbildung immer kovalent am Protein gebunden bleiben (Huang et al., 2020). Wir haben ein nichtribosomales Enzym zerschnitten und den funktionellen Komplex auf einem DNA-Strang wieder zusammengesetzt. Durch die Verwendung von DNA als Matrize wollen wir NRPS-Module für die Synthese neuer Peptide programmieren, die im Vergleich zu nichtribosomalen Naturstoffen eine bessere Aktivität oder weniger Nebenwirkungen aufweisen oder antimikrobielle Resistenz vermeiden.