Bis 2022
Ein Großteil der Infektionen bei Menschen und Tieren ist auf Mikroorganismen zurückzuführen, die eigentlich als harmlose Bodenbewohner gelten. Deren Pathogenität ergibt sich auch nicht aus der Bildung einzelner Virulenzfaktoren, sondern unterliegt einem komplexen Zusammenspiel des Erregers mit dem Immunsystem des infizierten Wirtes. Wie Mikroorganismen die dazu notwendigen Eigenschaften im Verlauf der Evolution erworben haben, ist bisher kaum verstanden.
Pilze wie Aspergillus fumigatus aber auch einige Hefen sind solche aus der Umwelt erworbenen Erreger. Zu ihren typischen Habitaten zählen eigentlich Komposthaufen oder Laubstreu, wo sie sich saprophytisch von zerfallendem Pflanzenmaterial ernähren. Dennoch können im Fall von A. fumigatus eingeatmete Sporen bei immunsupprimierten Patienten schwere pulmonale Infektionen auslösen. Darüber hinaus ist das Wirtspektrum allerdings sehr breit und umfasst Amphibien ebenso wie Vögel. Woher stammen die Mechanismen und Fähigkeiten, Gewebe höherer Tiere invasiv zu bewachsen und dabei gleichzeitig der angeborenen Immunabwehr zu widerstehen?
Hierzu analysieren wir, inwieweit pilzfressende Amöben als natürlich vorkommende Fressfeinde im Verlauf der Evolution Selektionsdruck auf Pilze ausgeübt haben, und dieser die Entwicklung von „Virulenzpotenzialen“ gefördert haben könnte. Dies können z. B. eine Tarnung der Zelloberfläche durch Pigmente oder eine erhöhte Resistenz gegenüber reaktiven Sauerstoffspezies sein. Beide Fähigkeiten können sowohl bei der Verteidigung gegenüber Frassfeinden, als auch bei Interaktionen mit Zellen des Immunsystems nützlich sein.
Die Forschergruppe Miqwi ist in die Struktureinheit Evolution Mikrobieller Interaktionen integriert. Sie befasst sich mit den anwendungsorientierten Teilprojekten zur Identifizierung, Isolierung und Charakterisierung neuer Naturstoffe des Sekundärmetabolismus der Amöben-Mikroorganismen-Interaktion.
Leitung
Phagozytose
Pilze verwenden unterschiedliche Strategien, um tödliche Fressattacken durch Immunzellen zu vermeiden. So können filamentöse Pilze die Oberfläche ihrer Sporen durch amorphe Pigmente und hydrophobe Proteinschichten vor einer Erkennung schützen. Wir sind insbesondere daran interessiert, ob diese Mechanismen auch gegenüber Amöben gezielt eingesetzt werden und so auch in der natürlichen Umwelt von Vorteil sind. Dabei verwenden wir die vielseitige Modellamöbe Dictyostelium discoideum sowie deren weniger bekannte, aber ausschließlich Pilze fressende Verwandte, Protostelium mycophaga.
Reaktive Sauerstoffspezies
Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) spielen bei nahezu allen Wirt-Pathogen-Beziehungen eine entscheidende Rolle. Bei Infektionen mit Aspergillus fumigatus ist dies besonders offensichtlich. So sind Patienten mit einem genetisch bedingten Defekt der Superoxidproduktion (O2¯) besonders gefährdet, an einer lebensbedrohlichen invasiven Aspergillose (IA)zu erkranken. Einen entscheidenden Anteil an der Bildung von O2¯ haben die Phagozyten des Immunsystems. Wir sind daran interessiert, inwieweit freigesetzte ROS für Pilze eine Bedrohung darstellen, welche Verteidigungsstrategien von Ihnen verwendet werden und ob diese möglicherweise auch durch mikrobielle Interaktionen „antrainiert“ wurden.
Mikrobielle Interaktionen als Quelle für neue antiinfektive Wirkstoffe
Die Forschergruppe Miqwi ist in die Struktureinheit Evolution Mikrobieller Interaktionen integriert. Sie befasst sich mit den anwendungsorientierten Teilprojekten zur Identifizierung, Isolierung und Charakterisierung neuer Naturstoffe des Sekundärmetabolismus der Amöben-Mikroorganismen-Interaktion.
Während sich Infektionen erst in den letzten Jahrzehnten zu einem medizinischen Problem entwickelt haben, besteht die Räuber-Beute-Beziehung zwischen Amöben und Mikroorganismen bereits seit mehreren hundert Millionen Jahren. Eine Fragestellung ist daher, anhand welcher Mechanismen die Amöbe sich gegen „unerwünschte“ oder „feindliche“ Bakterien und Pilze wehrt oder sogar deren Wachstum kontrolliert. Hierzu konzentrieren wir uns besonders auf die Identifizierung und Produktion antifungaler Metabolite.
Die Forschergruppe Miqwi wird vom Freistaat Thüringen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert.
Die Förderung der Forschergruppe endete am 31.12.2018.
Visualisierung von mikrobiellen Interaktionen und Infektionsmechanismen (VITERAKT)
Ziel ist es, neue mikrobielle Naturstoffe zu identifizieren, deren Produktion durch die Interaktion mit anderen Mikroorganismen stimuliert wird. Es werden Fluoreszenzmarker eingesetzt, um die Aktivierung von Biosynthesegenen zu untersuchen. Hierbei ist es notwendig, diese Visualisierung auf verschiedenen Skalen vorzunehmen. Stereo-Zoommikroskope ermöglichen die Visualisierung auf makroskopischer Ebene (1 mm – 10 µm) und konfokale Laser-Scanning-Mikroskope bis in Bereiche unterhalb eines Mikrometers (10 µm – 0.1 µm). Mittels dieser Interaktionsanalysen können binäre mikrobielle Interaktionen identifiziert werden, in denen der markierte Naturstoff gebildet wird.