Bis 2022
Der Pilz Candida albicans kommt als kommensaler Mikroorganismus hauptsächlich auf Schleimhäuten, z.B. der Mundhöhle, des Magen-Darm-Trakts und des Urogenitaltrakt und auf der Haut des Menschen vor. Unter bestimmten Umständen, wie z. B. Immunsuppression oder Störungen der assoziierten Mikrobiota, kann er pathogen werden und eine Reihe von Infektionen verursachen: von leichten Entzündungen der Haut oder der Schleimhäute bis hin zu schweren invasiven Infektionen und Sepsis.
Um im menschlichen Wirt zu überleben und sich zu vermehren, hat dieser opportunistische Krankheitserreger ein bemerkenswertes Repertoire an Anpassungsstrategien entwickelt, mit denen er die Immunantwort des Wirts entgehen und einem begrenzten Nährstoffangebot sowie Änderungen des pH-Wert, der Sauerstoffkonzentration und der Osmolarität widerstehen kann. Wesentlich ist dabei, dass die enge Assoziation mit dem Menschen, sowohl als Kommensale als auch als Pathogen, die Entwicklung von Mechanismen vorangetrieben hat, die schnelle metabolische Anpassungen an sich ändernde Umweltbedingungen innerhalb des Wirts, wo die Verfügbarkeit von Nährstoffen oft begrenzt ist, ermöglichen. Frühere Arbeiten unserer und anderer Arbeitsgruppen zeigen, dass diese metabolische Plastizität eine wichtige Rolle für die Pathogenität spielt. Deshalb untersuchen wir die mechanistischen Zusammenhänge zwischen der metabolischen Adaptation und Veränderungen im Übergang vom Kommensalen zum Pathogen, der Stressresistenz, der Expression von Virulenzdeterminanten und der Empfindlichkeit gegenüber Antimykotika.
Leitung
Stoffwechselsignale und Virulenznetzwerke
Eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen ist eine Grundvoraussetzung für die Persistenz von C. albicans im humanen Wirt. Die Anpassung an und die Vermehrung in nährstoffarmen Wirtsnischen ist nicht nur entscheidend für das Überleben, sondern auch für die Infektiosität des Pilzes. So hat C. albicans eine bemerkenswerte metabolische Plastizität entwickelt, wie z.B. die Fähigkeit, gleichzeitig bevorzugte und nicht-bevorzugte Kohlenstoffquellen zu nutzen oder sein Wachstum schnell von einem auf einen anderen Nährstoff umzustellen. Insbesondere interessieren wir uns für i) die molekularen Mechanismen der metabolischen Anpassung von C. albicans und ii) die Stoffwechseländerungen, die mit dem Übergang vom Kommensalen zum Pathogenen einhergehen.
Nischenspezifische Soffwechseladaptation bei Candida albicans
C. albicans passt seinen Stoffwechsel schnell auf die sich ständig ändernden Nährstoffbedingungen der vielfältigen und komplexen Wirtsnischen an. Daher ist die Aktivierung von entscheidenden Stoffwechselfunktionen nischenspezifisch. C. albicans-Zellen exprimieren während der Invasion von Schleimhäuten Gene der Glykolyse, des Tricarbonsäurezyklus‘ und der Fettsäure-β-Oxidation. Hingegen sind C. albicans-Populationen im Blutstrom und während des Wachstums als Biofilm heterogen und ihr Stoffwechsel ist abhingig von ihrer unmittelbaren Wirtsnische oder ihres Alterungsstadiums. Die verfügbaren Nährstoffe ändern sich vermutlich, sobald C. albicans von einer kommensalen in eine infektiöse Form wechselt, typischerweise durch schwerwiegende Veränderungen in der assoziierten schützenden Mikrobiota oder bei Individuen mit Immundefekten. In welcher Form sich die Adaptation des Stoffwechsels bei C. albicans vollzieht ist bisher noch unbekannt. Unser Ziel ist es daher, i) die nischenspezifischen metabolischen Fingerabdrücke und ii) die Veränderungen im Nährstoffaustausch zwischen C. albicans und dem Wirt und der assoziierten Mikrobiota zu verstehen, die den Infektionsprozess auslösen.
Candida albicans-spezifische Stoffwechselmerkmale
Candida albicans ist der häufigste Erreger einer mukosalen und systemischen Candidose. Andere verwandte Candida-Arten, wie Candida glabrata, Candida parapsilosis, Candida tropicalis und der neu auftretende Erreger Candida auris stehen ebenfalls im Zusammenhang mit den meisten Formen der Candidose, wenn auch weitaus seltener. C. albicans ist sehr eng mit Candida dubliniensis verwandt, mit dem er viele phänotypische Eigenschaften gemeinsam hat, darunter die Fähigkeit zur Hyphenbildung, die ein wichtiges Virulenzmerkmal darstellt. Überraschenderweise zeigen die epidemiologischen Daten trotz der engen phylogenetischen Verwandtschaft der beiden Arten, dass C. albicans weitaus häufiger mit dem Wirt assoziiert ist als C. dubliniensis. Bestimmte Merkmale, wie die posttranslationale Regulation des Hyphenwachstums, unterscheiden sich in beiden Spezies. Interessanterweise scheint es C. dubliniensis an der metabolischen Flexibilität von C. albicans zu mangeln, jedoch ist die Ursache dafür noch nicht erforscht. Wir vermuten, dass C. albicans spezifische Stoffwechseleigenschaften besitzt, die bei den eng verwandten Arten C. dubliniensis und C. africana fehlen und die C. albicans sowohl zu einem erfolgreichen Kommensalen als auch zu einem Pathogen machen.