Termiten als Pilzgärtner

HKI-Expedition untersucht das Zusammenleben von Termiten, Pilzen und Bakterien in Südafrika

| von Christine Vogler

Christine Beemelmanns Labor
Christine Beemelmanns bei der Analyse von neuen Naturstoffen in ihrem Labor am Hans-Knöll-Institut. Quelle: HKI/Schroll

Säen, pflegen, ernten – Solche kulturellen Leistungen kann nur der Mensch hervorbringen. Oder etwa doch nicht? Dass auch Tiere zu quasi landwirtschaftlichem Anbau von Nahrung in der Lage sind, beweisen Termiten in wärmeren Ländern. In ihren Bauten kultivieren sie Pilze und ernähren sich davon. Dieses Phänomens nimmt sich nun eine Forschungsgruppe des HKI an. Sie reiste jetzt nach Südafrika, um das ausgeklügelte Verhalten der Tiere zu untersuchen und nach neuen Wirkstoffen zu suchen.

Mehrere Meter hoch bauen Termiten ihre Hügel, in denen sie leben, arbeiten, ihren Nachwuchs aufziehen, sterben und auch ihre Nahrung anbauen. Unentwegt schwärmen sie aus, um Material wie Holz und Blätter für den Bau zu sammeln. Indem sie es fressen, es anschließend im Hügel wieder ausscheiden und mit Speichel vermengen, stabilisieren und erweitern sie nicht nur ihre eigenen vier Wände, sondern bringen ganz zufällig Pilze mit in den Bau. „An dem Material, das die Termiten draußen sammeln, können natürlich auch Pilzsporen haften. Sie gelangen mit der Nahrungsaufnahme in ihren Magen-Darm-Trakt, werden dort aber nicht verdaut. Durch das Ausscheiden gelangt der Pilz dann in den Bau“, so Christine Beemelmanns vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI), die soeben mit ihrer Nachwuchsforschungsgruppe nach Südafrika gereist ist.

„Der Magen-Darm-Trakt trifft die Entscheidung, den Pilz unverdaut in den Hügel zu bringen. Die Termiten bemerken diesen erst, wenn er dort keimt.“ Der Pilz aus der Gruppe der Termitomyces findet im Termitenbau ideale Bedingungen. Die Tiere kultivieren ihn in Pilzgärten und versorgen ihn mit Nahrung. Das bringt auch Vorteile für die Termiten selbst mit sich: „Der Pilz ist die Verdauungsmaschine der Termiten. Er verdaut das Holzmaterial vor und wandelt dieses in Zucker und Eiweiß um. Das wiederum können die Termiten ohne Probleme zu sich nehmen.“

Seit 150 Millionen Jahren existiert diese ausgeklügelte Form des Zusammenlebens, die auch bei anderen sozialen Insekten wie Ameisen und Käfern beobachtet wurde. Für Christine Beemelmanns und ihr Team ist dabei vor allem die Kommunikation der Organismen untereinander interessant: Wie selektiert der Termitenmagen den Pilz? Tragen die Termiten vielleicht Bakterien am Körper, die den „angebauten“ Pilz im Hügel vor anderen Mikroorganismen schützen – vergleichbar mit Pestiziden, die in unserer Landwirtschaft eingesetzt werden? Wenn dem so wäre, wie am Beispiel von pilzzüchtenden Ameisen bereits gezeigt werden konnte, würde es sich sogar um ein System des Zusammenlebens aus drei Lebewesen handeln.

„Die große Herausforderung in diesem Forschungsfeld besteht darin, dass Termiten nicht künstlich gehalten werden können. Ihre Staaten sind so riesig, dass sie sich in einem Terrarium schlicht nicht wohlfühlen. Daher reisen wir nach Pretoria, suchen Hügel im Umland, sägen diese auf und nehmen Proben von Pilzen, Termiten und Bakterien.“

Forstwissenschaftler der University of Pretoria haben Christine Beemelmanns und ihr Team sowie Evolutionsbiologen aus Kopenhagen und Pilzgenetiker aus den Niederlanden eingeladen, um gemeinsam mit ihnen an den Termiten zu forschen. Jedes Team hat dabei einen anderen Forschungsschwerpunkt. Christine Beemelmanns ist vor allem an den Naturstoffen interessiert, die die Wechselwirkung zwischen den Lebewesen steuern und damit erst ermöglichen. Die Struktur und Funktion solcher Substanzen wurde in Millionen Jahren der Evolution durch die Natur optimiert. Damit sind es Wirkstoffe, die auch dem Menschen als Medikamente nützlich sein könnten. Die Funktion neu entdeckter Substanzen wird daher von den Wissenschaftlern am HKI eingehend erforscht, mögliche medizinische Anwendungen werden geprüft. Da das Zusammenleben zwischen Termiten, Pilzen und Bakterien noch recht unerforscht ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch neue Wirkstoffe zu finden.

HKI-Direktor Axel Brakhage begrüßt das Projekt: „Kleine Moleküle sind die Grundlage der Kommunikation verschiedener Organismen untereinander. Wir beginnen diese komplexen Phänomene erst ganz allmählich zu verstehen, da die Untersuchungsmethoden inzwischen sehr ausgereift sind. Christine Beemelmanns bringt mit Ihrer Forschung eine hochinteressante Facette in das soeben gegründete Jena Center for Microbial Communication ein.“ Dieser Forschungsverbund der Friedrich-Schiller-Universität und zahlreicher weiterer Forschungseinrichtungen in Jena verstetigt und erweitert die Arbeit des einzigen Thüringer Projektes, das in der Exzellenzinitiative gefördert wurde, der Jena School for Microbial Communication.

Ein gutes Dutzend Wissenschaftler wird jetzt über einen Monat lang vor Ort dem Phänomen dieses Zusammenlebens auf den Grund gehen. Mit dabei: Ein Filmteam, das die Forscher begleitet und die Beobachtungen zu einem Dokumentarfilm verarbeiten wird.

Christine Beemelmanns