Natürliche Wirkstoffe aus künstlichen Zellen
Neue HKI-Nachwuchsgruppe forscht zu synthetischer Biologie
| von Michael Ramm
Jena. Neue Wirkstoffe für die Entwicklung von Medikamenten zu finden wird immer schwieriger – bekannte Wirkstoffproduzenten sind abgegrast oder es fehlt an neuen Suchmöglichkeiten. Die Wissenschaftler des Leibniz Research Clusters wollen nun durch die Kombination von biologischem Wissen mit ingenieurwissenschaftlichen Fertigkeiten neue Wege beschreiten: Zellen sollen durch zellfreie Systeme ersetzt werden, die aussichtsreiche Wirkstoffe effizienter produzieren.
Es ist die synthetische Biologie, die in Zeiten nicht mehr wirkender Antibiotika Hoffnung verspricht. Waren Wissenschaftler bisher darauf angewiesen, Wirkstoffe, die sie beispielsweise in Pilzen oder Bakterien gefunden haben, mit all deren Besonderheiten und Nachteilen als lebende Zellen – wie langsames Wachstum oder geringe Produktionsmengen – als gegeben hinzunehmen und damit zu arbeiten, können sie mittlerweile aktiv Einfluss darauf nehmen. Wirkstoffe, die von natürlichen Zellen produziert werden, sollen außerhalb dieser in Reaktionsgefäßen künstlich hergestellt oder auch in ihrer Wirkweise verändert werden. Der Vorteil liegt auf der Hand, erklärt Vito Valiante: „Die Wirkstoffe lassen sich so effektiver herstellen und können für die medizinische Anwendung angepasst werden.“
Vito Valiante wird die neue fünfköpfige Nachwuchsgruppe am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut leiten. Der 37-jährige Italiener hat sich den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus als Ausgangspunkt der Forschung gewählt. „Aus dem Pilz werden wir interessante Faktoren herausgreifen, die wir künstlich zu produzieren versuchen. Dieses Wissen geben wir an unsere Partner weiter.“ An vier weiteren Leibniz-Instituten wird dann daran gefeilt, das System ‚Zelle‘ soweit biotechnologisch zu imitieren, dass Wirkstoffe schneller gefunden und optimiert werden können.
Am Leibniz Research Cluster sind neben dem HKI das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS) in Dortmund, das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle, das Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden (IPF) und das Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken beteiligt. Es wird bis 2020 vom BMBF mit insgesamt 5,5 Millionen Euro gefördert.