Leben in lebensfeindlicher Umgebung

Science-Publikation lüftet Fähigkeiten eines Kartoffel-Krankheitserregers

Die HKI-Doktorandin Gulimila Shabuer bei ihrer Arbeit mit den farbenprächtigen Clostridien. (Quelle: HKI /Tina Kunath)

Ein Viertel aller pflanzlichen Lebensmittel weltweit verdirbt aufgrund von Pflanzenkrankheiten. Wissenschaftler des Hans-Knöll-Instituts haben ein normalerweise Sauerstoff-empfindliches Bakterium untersucht, das vor allem Kartoffeln befällt. Ihre Ergebnisse zeigen völlig unerwartet, dass dieses Bakterium in der Lage ist, in Umgebung mit Sauerstoff dennoch zu überleben. Wie dies geschieht, wurde nun im Fachmagazin Science veröffentlicht.

Kartoffeln zählen auf der ganzen Welt zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Umso verheerender ist es, wenn ein großer Teil der Ernte aufgrund von Fäulnis gar nicht erst auf dem Teller landet. Die Verursacher sind oft Bakterien, die Kartoffeln zersetzen, so zum Beispiel Clostridien. Doch eigentlich können diese nur in sauerstofffreier Umgebung leben, nicht jedoch in einer Kartoffel, in der immer Sauerstoff vorhanden ist. Wie gelingt diesen Bakterien das scheinbar Unmögliche?

Gulimila Shabuer, Doktorandin in der Abteilung Biomolekulare Chemie am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, hat bei ihrer Forschung an dem Erreger der Kartoffelfäulnis, Clostridium puniceum, dessen ganz besondere Fähigkeiten entdeckt: „Das Bakterium produziert eine Gruppe von Wirkstoffen, die Clostrubine, die es ihm ermöglichen, in sauerstoffreicher Umgebung zu leben.“ Wie genau das funktioniert, können die Wissenschaftler bisher noch nicht sagen.

Doch ist dies nicht der einzige Überlebensvorteil des Bakteriums. Die Wirkstoffe machen es auch wehrhaft gegen andere Krankheitserreger in der Pflanze, die mit ihm konkurrieren. Sie wirken also antibiotisch. Dass Anaerobier, also sauerstofffeindliche Bakterien Antibiotika produzieren können, hatte die Gruppe von Prof. Dr. Christian Hertweck erstmals 2010 am Beispiel des Closthioamids nachgewiesen. Doch die Doppelfunktion der Clostrubine ist neu und deckt eine neue Strategie von Krankheitserregern in Pflanzen auf. Das Bakterium ist nicht nur in der Lage, Wirkstoffe zu produzieren, die potente Antibiotika sind. Diese Wirkstoffe helfen dem Bakterium auch noch beim Überleben in einer sauerstoffreichen Umgebung.

Seine Ergebnisse hat das Team aus HKI-Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit dem australischen Peter Doherty Institute for Infection and Immunity im weltweit renommierten Journal Science veröffentlicht.