Die Zukunft der Phagosomen-Forschung beginnt in Jena: Thüringen fördert eine neue Forschungsgruppe am Leibniz-HKI

| von Charlotte Fuchs

Auf dem Bildschirm sind Lungenepithelzellen (grün und rot) zu sehen, die mit dem Pilzerreger Aspergillus fumigatus (blau) infiziert sind. Mehrere Pilzkonidien werden von den Wirtszellen in Phagosomen (im grünen Kreis) verschluckt. Quelle: Anna Schroll / Leibniz-HKI

 Anfang Januar wuchs das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) um eine neue Forschungsgruppe. Unter der Leitung von Leijie Jia will sie Geheimnisse rund um Pilz-Wirt-Interaktionen im Rahmen der Phagozytose entschlüsseln und beschreitet damit neue Wege zu einem besseren Verständnis Phagosomen-bezogener Prozesse. Die Gruppe wird vom Freistaat Thüringen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds Plus finanziert.

Invasive Pilzinfektionen verursachen bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem schwere Krankheiten mit einer hohen Sterblichkeitsrate. Im Oktober 2022 veröffentlichte die WHO erstmals eine Liste der „prioritären“, das heißt mit mittlerer, hoher oder kritischer Priorität eingestuften krankmachenden Pilzerreger und betonte dabei die enorme Bedeutung der Erforschung von Pilzinfektionen. In der Liste werden die vier Pilzarten Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Candida auris und Cryptococcus neoformans als besonders kritisch gewertet, da sie bei weltweit etwa 6,5 Millionen Erkrankten pro Jahr invasive Infektionen verursachen, für deren Behandlung nur wenige antimykotische Medikamente zur Verfügung stehen.

Mehrere Studien zeigen, dass das humane angeborene Immunsystem zur ersten Verteidigungslinie gegen Pilzinfektionen gehört. Dabei stellte sich heraus, dass neben den als „Fresszellen“ bekannten Phagozyten auch Epithelzellen in der Lage sind, Pilzpathogene in sich aufzunehmen und intrazellulär abzutöten. Die Aufnahme von Partikeln durch Zellen wird als Phagozytose bezeichnet. Epithelzellen bilden neben Muskeln, Nerven und dem Bindegewebe eine der vier Grundgewebearten, das Epithelgewebe. Dieses bedeckt sowohl innere als auch äußere Körperoberflächen und dient unter anderem vor allem der Abdichtung und dem Schutz nach außen.

Leijie Jia im Labor
Leijie Jia überträgt Proteine von einem Gel auf eine Membran, ein Schritt des Western Blotting, einer Methode um spezifische Proteine nachzuweisen. Quelle: Anna Schroll / Leibniz HKI

Der Prozess der Phagozytose, das ist die Aufnahme von Erregern und deren Verarbeitung, beinhaltet die Bildung einer besonderen intrazellulären den Erreger abtötenden Struktur, dem Phagolysosom. Allerdings haben bislang alle zuvor genannten Pilze und auch viele Bakterien, zum Beispiel der Tuberkuloseerreger Mycobacterium tuberculosis, Strategien entwickelt, um der Abtötung im Phagolysosom zu entgehen. Durch diese Art der Unterdrückung der Immunreaktion kann die Infektion weiter fortschreiten.

Die Anfang 2024 neu gegründete Forschungsgruppe Phagosomen-Biologie und -Engineering wird von Dr. Leijie Jia geleitet. Jia wurde 2016 an der Chinese Academy of Sciences in Shanghai, China promoviert und wechselte anschließend an das Center for Excellence in Molecular Plant Sciences in Shanghai, bevor er als Postdoc an das Leibniz-HKI kam.

Mit seiner eigenen Gruppe verfolgt Leijie Jia zwei Ziele: Einerseits möchte er die Pathogen-induzierte Umprogrammierung von Phagosomen erforschen und die Mechanismen besser verstehen, mit denen es pilzliche Erreger die Abtötung im Phagosom umgehen. Zum anderen wird die Forschungsgruppe mit diesen Erkenntnissen neue Strategien zur besseren Bekämpfung von Pilzinfektionen entwickeln.

Mit seinem Forschungsprogramm überzeugte Leijie Jia die Jury des Thüringer Förderprogramms für Forschungsgruppen, das von der Thüringer Aufbaubank betreut wird. Mit der neuen Forschungsgruppe baut das Leibniz-HKI seine Position als bedeutendstes Forschungszentrum für lebensbedrohliche Pilzinfektionen in Deutschland weiter aus und entwickelt sein Forschungsprofil konsequent weiter: „Leijie Jia ist ein äußerst talentierter Nachwuchswissenschaftler. Seine Gruppe gliedert sich ein in unsere Mission, die Erforschung von Pilzinfektionen voranzutreiben und neue, effektivere Behandlungswege zu entwickeln. Wir sind zuversichtlich, dass Dr. Jia mit seinem Team einen wichtigen Beitrag zu diesem Bereich leisten wird und freuen uns deshalb sehr über die Förderung durch den Freistaat Thüringen“, so der Direktor des Leibniz-HKI, Axel Brakhage.

Mitarbeiter*innen

Leijie Jia