„Ich wollte schon immer Chemieprofessor werden“
Hajo Kries auf W3-Professur für Technische Biochemie nach Stuttgart berufen
| Charlotte Fuchs

Seit 1. Juli dieses Jahres ist Hajo Kries Professor für Technische Biochemie an der Universität Stuttgart. Dort tritt der bisherige Juniorgruppenleiter des Leibniz-HKI die Nachfolge von Bernhard Hauer an.
Als die Grundschullehrerin Hajo Kries in der vierten Klasse nach seinem Berufswunsch fragte, erklärte er: „Ich will Chemieprofessor werden!“ Schuld war der Chemiebaukasten, mit dem er immer gerne gespielt hatte. „Es war dann kein kontinuierlicher Berufswunsch, aber ich hatte mir irgendwie immer vorgestellt, an der Uni zu arbeiten und dass das Forscherleben doch eine schöne Sache sei.“ So begann Kries sein Biochemie-Studium in Jena und wechselte nach einem Auslandsjahr in Genf und seinem Bachelorabschluss an die ETH Zürich. Dort machte er in seinem Masterstudium einen eher ungewöhnlichen Schwenk zur reinen Chemie: „Ich habe einfach gemerkt, dass mir in der Biochemie die Dinge zu wenig erklärt werden. Ich wollte aber immer die Mechanismen verstehen.“ Damit nahm er aber nur Anlauf, um sich in seiner Doktorarbeit wieder in Richtung Biologie zu bewegen. Als wissenschaftliche Hilfskraft am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans Knöll Institut (Leibniz-HKI) in Jena hatte er bereits Kontakt zur Biosynthese von Naturstoffen. Das Gebiet faszinierte ihn und so beschäftigte er sich eingehender mit den daran beteiligten Enzymen.
Jena, Genf, Zürich, Norwich – und wieder Jena
„In seiner Karriere muss man natürlich vor allem in der Anfangszeit Erfahrung sammeln“, meint Kries zu seinen Ortswechseln. Denn nach Zürich zog es ihn nach Norwich in England, wo er bei Sarah O’Connor für zwei Jahre seine Postdoc-Zeit absolvierte. Finanziert wurde der Aufenthalt durch ein Stipendium aus dem Marie-Skłodowska-Curie-Programm der EU. 2016 kehrte er dann als Nachwuchsgruppenleiter für Biosynthetisches Design von Naturstoffen an das Leibniz-HKI nach Jena zurück. Die Gruppe erforscht die modular aufgebauten Biosynthesewege von nichtribosomal synthetisierten Peptiden, wie zum Beispiel der Antibiotika Gramicidin S und Polymyxin. So wollen sie zuverlässigere Methoden zum Umfunktionieren von nichtribosomalen Peptidsynthetasen entwickeln. Ein nichtribosomales Peptid wird nicht, wie bei der „klassischen“ Proteinbiosynthese üblich, auf Grundlage einer DNA-Sequenz an Ribosomen synthetisiert. Stattdessen bauen spezielle Enzyme, sogenannte nichtribosomale Peptidsynthetasen (NRPS), diese Sekundärmetaboliten schrittweise auf. Die Gruppe von Hajo Kries nutzt diese Modulbauweise, um enzymatisch ganz neue Wirkstoffe herzustellen, deren rein chemische Synthese nur mit geringen Ausbeuten oder gar nicht gelingt.

Und nun Stuttgart
„Es war eine tolle Umgebung hier am Leibniz-HKI. Wir sind gut vorangekommen mit dem NRPS-Engineering. Und jetzt geht es mit der Forschungsgruppe nach Stuttgart.“
Neben der Forschungsarbeit kommt nun auch ein deutlich größerer Anteil an universitärer Lehre auf Kries zu, doch das ist ihm gerade recht: „Die Lehre ist ein Grund, weshalb ich so begeistert von dieser Stelle bin. Denn ich habe hier sehr viel Freiraum um genau die Themen zu vermitteln, die mich interessieren und die ich anderen näherbringen möchte“, erklärt Kries.
Für die Zukunft seiner Forschungsgruppe hat Kries einige Pläne: „Wir werden natürlich weitermachen mit dem NRPS-Engineering, aber wir wollen auch das Potential, das uns die Universität Stuttgart bietet, ausschöpfen. Ich könnte mir vorstellen, etwas in Richtung der Herstellung von grünem Wasserstoff zu machen. Wie kann man Biokatalyse einsetzen um der Energietransformation zu helfen?“ Die Erschließung neuer Forschungsthemen ist eine spannende Sache für Kries. „Ich denke nachhaltige Synthese und Produktion ist gerade in der Chemie ein großes Thema. Ich würde da gerne etwas mehr in Richtung Biotechnologie gehen. Und auch an die Arbeit meines Vorgängers möchte ich anschließen und mit Terpenen weiterarbeiten.“
Die Kolleg*innen am Leibniz-HKI freuen sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem frisch ernannten Professor Hajo Kries. Sein Beispiel zeigt, wie erfolgreich das Nachwuchsprogramm des Instituts ist. So ist es das Ziel des Leibniz-HKI, durch junge Nachwuchswissenschaftler*innen immer wieder frische Ideen in das Institut zu holen und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten, ihre Karriere voranzubringen, sei es auf verantwortungsvollen Positionen in der Industrie oder als Professor*innen im akademischen Bereich. Das Leibniz-HKI profitiert langfristig vom internationalen Netzwerk, das sich dabei entwickelt. Denn die schöne Zeit in Jena vergisst niemand so schnell.