Mit dem 3D-Darm-Chip-Modell von Dynamic42 erreicht die Erforschung von Pilzinfektionen eine neue Qualität
Erfolgreiche Zusammenarbeit von Wissenschaft, Klinik und Industrie
| Pressemitteilung der Dynamic42 GmbH
Jena, 22.03.2024 – Das Jenaer Biotechnologie-Unternehmen Dynamic42 hat erfolgreich ein Darm-Chip-Candidiasis-Modell entwickelt, das eine Quantifizierung des Infektionsprozesses erlaubt. Durch Kombination mikrobiologischer und bildbasierter Analysen kann die Pathogen-Wirt-Interaktionen deutlich präziser analysiert werden, als es mit herkömmlichen 2D-Modellen möglich ist. In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie und dem Universitätsklinikum Jena haben die Experten von Dynamic42 wichtige Fortschritte im Verständnis der Candidiasis, einer potenziell lebensbedrohlichen Pilzinfektion, erzielt. Die Ergebnisse sind in der März-Ausgabe des Journals „Biomaterials“ erschienen.
Die 2018 von Mitarbeitern des Universitätsklinikums Jena gegründete Dynamic42 GmbH entwickelt neuartige mikrophysiologische 3D-in-vitro-Testsysteme, sogenannte „Organs-on-Chip“ (OoC). In diesen Biochip-basierten Mikrofluidik-Systemen bilden die Forscher die humane Physiologie im Labor nach - menschliche Zellen reagieren in vitro quasi wie in vivo. Die Modellsysteme sind in allen Stadien der Wirkstoffentwicklung einsetzbar, von der grundlegenden Erforschung molekularer Mechanismen bis hin zur pharmakologischen Bewertung von Wirkstoffen in der präklinischen Forschung. Ihren Forschungspartnern hilft Dynamic42 mit ihren Organmodellen, auf Tierversuche zu verzichten.
Ein konkretes Beispiel für die Relevanz der Organ-on-Chip Technologie ist die Untersuchung von Krankheitserregern wie Candida albicans. Dieser Hefepilz besiedelt ohne Symptome zu verursachen Haut und Schleimhäute, unter anderem im menschlichen Darm. Unter bestimmten Bedingungen kann er jedoch zu gefährlichen Infektionen führen, die lebensbedrohlich werden können. In Deutschland sind jährlich etwa 40.000 Menschen von einer invasiven Candida-Infektion betroffen.
Interaktionen zwischen Pilz und Wirt exakt nachgebildet
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit konzentriert sich auf die Entwicklung und Anwendung eines neuen Darm-Chip-Candidiasis-Modells, das die relevanten Interaktionen zwischen Pathogen und Wirt wie Anheftung, Eindringen und Verteilung im Gewebe genau nachbildet. Da Makrophagen in das System integriert wurden, kann auch eine Entzündungsantwort simuliert werden. Durch die Kombination mikrobiologischer und bildbasierter Analysen ermöglicht das Modell eine genaue quantitative Bewertung sowohl der Schwere der Infektion als auch der Wirksamkeit von Antimykotika wie Caspofungin.
„Mit Hilfe des Darm-on-Chip-Modells können wir die Invasivität und die Translokation des Pilzes in verschiedenen Gewebekompartimenten untersuchen. Indem wir die Behandlung über ein Perfusionssystem anwenden, können wir außerdem eine intravenöse Verabreichung simulieren, wie sie bei Patientinnen und Patienten durchgeführt wird“, so Tim Kaden, Doktorand bei Dynamic42, über die Vorteile des Systems.
Dr. Alexander S. Mosig, Leiter der Arbeitsgruppe „Biochip-basierte Organmodelle“ am Universitätsklinikum Jena ergänzt: „Unsere gemeinsame Arbeit bietet nicht nur gänzlich neue Einblicke in die Pathogenese der Candidiasis, sondern auch vielversprechende Ansätze für deren Behandlung. Die Kombination aus innovativen Modellen und fortschrittlichen Analysetechniken ermöglicht es uns, effektivere Strategien gegen diese lebensbedrohliche Infektion zu entwickeln.“
Neben dem Darm-Chip-Modell stellt Dynamic42 auch Organ-on-Chip-Modelle für Untersuchungen an Leber, Lunge und Gefäßsystemen bereit.
Über Dynamic42 GmbH
Die Dynamic42 GmbH wurde 2018 gegründet und ist eine Ausgründung aus dem Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum für Sepsis und Sepsisfolgen (Center for Sepsis Control and Care, CSCC) des Universitätsklinikums Jena. Dynamic42 vermarktet und entwickelt humane Organ-on-Chip-Modelle/ mikrophysiologische Systeme mit integrierten Komponenten des Immunsystems für die Erforschung und Testung von pharmazeutischen Produkten, neuartigen Therapien wie Nanopartikeln, Lebensmittelzusatzstoffen sowie chemischen Zusatzstoffen.
Über das Leibniz-HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie widmet sich der interdisziplinären Erforschung von Pilzinfektionen und der Funktionen von mikrobiellen Naturstoffen und deren Wirkung auf biologische Systeme. Mit einem breiten Spektrum an Forschungsgebieten, darunter Infektionsbiologie, Wirkstoffforschung und biotechnologische Anwendungen, ist das Leibniz-HKI führend in der Entdeckung und Entwicklung neuer Ansätze zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten.
Über die AG Inspire
Die Forschungsgruppe von Dr. Alexander S. Mosig entwickelt mikrophysiologische Systeme, die menschliche Organfunktionen in vitro nachbilden. Das Team konzentriert sich auf die Untersuchung der Mechanismen der Interaktion zwischen Wirt und Mikrobiota, insbesondere auf die Orchestrierung der Immunantwort auf kommensale und pathogene Mikroorganismen.
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Originalpublikation
Kaden T, Alonso-Roman R, Akbarimoghaddam P, Mosig AS, Graf K, Raasch M, Hoffmann B, Figge MT, Hube B, Gresnigt MS (2024) Modeling of intravenous caspofungin administration using an intestine-on-chip reveals altered Candida albicans microcolonies and pathogenicity. Biomaterials, https://doi.org/10.1016/j.biomaterials.2024.122525