Mit maschinellem Lernen zu verbesserten Tuberkulose-Wirkstoffen

Neues Modell kann Aktivität und Wirksamkeit von Benzothiazinonen vorhersagen

künstlerische Darstellung eines Bildschirms, von Molekülen und Mikroorganismen
Mithilfe von maschinellem Lernen lässt sich die Aktivität von Benzothiazinon-Verbindungen vorhersagen. Quelle: Freddy Bernal & Luo Yu/Leibniz-HKI

Ein Forschungsteam am Leibniz-HKI hat ein Computermodell entwickelt, um die Aktivität und Wirksamkeit neuer chemischer Verbindungen vorherzusagen. Es soll dabei helfen, neue Moleküle aus der Substanzklasse der Benzothiazinone als Antibiotika gegen das Tuberkulosebakterium zu testen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Journal of Medicinal Chemistry veröffentlicht.

Benzothiazinone (BTZ) sind eine sehr wirksame Klasse von Antibiotika gegen den Erreger der Tuberkulose, Mycobacterium tuberculosis. Sie werden seit ihrer Entdeckung am Leibniz-HKI in einer Partnerschaft mit dem Klinikum der LMU München entwickelt. Eine der Substanzen, BTZ-043, befindet sich bereits in der klinischen Prüfung (Phase II). In dem Projekt „Next-Gen-BTZ“ befasste sich zudem ein Team aus Wissenschaftler*innen des Leibniz HKI mit der Erforschung verbesserter Wirkstoffgenerationen.

„Neue Wirkstoffe zeigen über den langen Entwicklungsweg bis zum fertigen Medikament häufig unerwartete Herausforderungen, die man nur gezielt durch die Entwicklung von Folge-Generationen lösen kann“, erklärt Florian Kloß, Leiter der Transfergruppe Antiinfektiva, die die Entwicklung der Tuberkulose-Antibiotika vorantreibt. Bisher wurden mehrere hundert verschiedene BTZ hergestellt.

Unter welchen Bedingungen diese Substanzen besonders wirksam sind, ließ sich jedoch kaum vorhersehen. „In der Arbeit ging es uns deshalb darum, Beziehungen zwischen der chemischen Struktur und der antibiotischen Aktivität herzustellen, um unsere Arbeiten im Labor zukünftig nur auf die Herstellung aussichtsreicher Substanzen konzentrieren zu können“, so Kloß. Das sei bei BTZ anspruchsvoll, weil in der Bakterienzelle mehrere Vorgänge zusammenwirken müssten, damit das Wachstum der Bakterien bestmöglich gehemmt wird.

Das Team entwickelte deshalb ein Computermodell, das mit den Daten zu 96 verschiedenen BTZ trainiert wurde. Durch die Kombination verschiedener Algorithmen kann es mit über 70 Prozent Zuverlässigkeit hochwirksame Substanzen identifizieren. „Das ermöglicht uns eine höhere Trefferquote bei der Entwicklung neuer Substanzen und vermeidet die unnötige Herstellung unwirksamer BTZ im Labor“, so Kloß.

Die Forschungsgruppe Next-Gen-BTZ wurde vom Freistaat Thüringen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert.

Originalpublikation

Schieferdecker S, Bernal FA, Wojtas KP, Keiff F, Li Y, Dahse H-M, Kloß F (2022). Development of Predictive Classification Models for Whole Cell Antimycobacterial Activity of Benzothiazinones. Journal of Medicinal Chemistry, doi:10.1021/acs.jmedchem.2c00098

Mitarbeiter*innen

Freddy Alexander Bernal
Hans-Martin Dahse
François Keiff
Florian Kloß
Yan Li
Sebastian Schieferdecker
Philip Wojtas