Pilz ist nicht gleich Pilz

Forsche Schüler Tag 2023 am Leibniz-HKI

| von Charlotte Fuchs

Franziska Schmidt zeigt drei Schülerinnen den Umgang mit der Einkanalpipette.
Die Nährlösung muss abpipettiert werden. Franziska zeigt den Schülerinnen wie es geht. Quelle: Charlotte Fuchs/Leibniz-HKI

Raus aus der Schule - rein ins Labor. Auf eine „Entdeckungsreise in die Welt der Mikroorganismen und Naturstoffe“ begaben sich 32 Schülerinnen und Schüler am Leibniz-HKI beim diesjährigen "Forsche Schüler Tag". Dabei konnten sie unter anderem Mikroben als Antibiotika-Produzenten kennenlernen, der Entwicklung von Pilzen folgen oder Farbstoffe aus der Natur gewinnen.

„Schadet euch dieser Pilz, wenn ihr ihn esst?“, fragt Franziska Schmidt von der Abteilung Molekulare und Angewandte Mikrobiologie und deutet auf das Bild eines Fliegenpilzes. Die Schülerinnen und Schüler sind sich einig. Ja dieser Pilz macht krank. „Also ist er ein Krankheitserreger?“, hakt Franziska nach. Erneute Zustimmung. Diesmal muss Franziska allerdings wiedersprechen: „Beim Fliegenpilz macht euch nicht der Pilz selbst krank, sondern das Toxin, dass ihr beim Essen mit aufnehmt. Bei einem Krankheitserreger muss es eine Interaktion zwischen dem Organismus und dem Wirt geben.“

Die pilzlichen Krankheitserreger, die besonders am Leibniz-HKI untersucht werden, sind Candida albicans und Aspergillus fumigatus. Um diese Pilze genauer untersuchen zu können, werden Fluoreszenzfärbungen gemacht, „und genau das werden wir heute auch machen“, erklärt Franziska.

Für die Arbeit im Labor müssen sich die Schülerinnen Kittel überziehen. Zuerst färben sie ein Myzel. Dem Pilzstamm wurde bereits ein rot fluoreszierendes Gen eingebaut, erklärt Franziska, nun soll noch ein blauer Farbstoff hinzukommen. Als erstes sollen die Schülerinnen das Nährmedium mit einer Einkanalpipette absaugen. Auch das will erst einmal geübt sein. „Schön langsam ziehen“, mahnt Franziska. Denn wenn man nicht aufpasst landet schnell nicht nur der Überstand, sondern der Pilz gleich mit im Abfall. „Es war mein erster Versuch mit so einer Pipette und anfangs war ich etwas unsicher, wie ich das machen sollte, aber es war schon lustig“, meint Marie Lindner (9. Klasse) hinterher. Nach erfolgreicher Färbung konnten die Schülerinnen ihr Werk dann unter dem Mikroskop betrachten und die Bilder am Rechner richtig analysieren. Denn schließlich soll die Färbung nicht nur hübsch aussehen, sondern auch etwas mitteilen.

"Schön langsam ziehen", sonst kommt die Flüssigkeit zu weit in die Pipette, oder der Pilz landet dort.

Pilz oder Bakterium?

Zwei Etagen tiefer betrachtet eine andere Gruppe ebenfalls Bilder unter dem Fluoreszenzmikroskop. Hier wollen sie aber herausfinden, ob ein Antimykotikum, dass sie zu Candida albicans gegeben haben, auch tatsächlich wirkt. Nacheinander betrachten sie den Pilz unter dem Okular und beschreiben die Unterschiede, die sie im Vergleich zu dem unbehandelten Pilz sehen können. Und tatsächlich, es sind weniger Filamente zu sehen. Und das ist gut! Denn hauptsächlich sind es die Filamente des Pilzes, die die Krankheitssymptome hervorrufen. Diese dringen in das tiefere Gewebe ein, wo es dann zu Schäden kommt. Doch wie Tim Schille aus der Abteilung Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen den Schülerinnen erklärt, reicht es nicht, nur die Wirkung eines Antimykotikum auf den Pilz selbst zu testen. Auch das menschliche Immunsystem und das Mikrobiom müssten berücksichtigt werden.

Carlotta Bickel (9. Klasse) interessiert sich speziell für Biologie und hat sich, als die Information über die Schule kam, gleich angemeldet. Sie und die anderen Schülerinnen der Gruppe mussten, bevor sie selber eine Agarplatte mit Pilzen versehen konnten, eine unbekannte Probe unter dem Lichtmikroskop identifizieren. Nach vorheriger Betrachtung eines Objektträgers mit Bakterien und eines mit einem Pilz mussten sie sich entscheiden: Ist es ein Pilz oder sind es Bakterien? Alle Gruppenmitglieder erkannten den Pilz und konnten ihn auf einer Agarplatte auch richtig als Candida albicans identifizieren.

Jede Gruppe sammelt an diesem Tag ganz eigene Erfahrungen. Kalle Droese (7. Klasse) kommt belebt von der JMRC zurück. „Zuerst gab es eine Führung durch die Stickstoffkammern, dann haben wir mikroskopiert“, berichtet er enthusiastisch. Erwartet hatte er nichts Spezielles. „Es klang interessant und ich habe einfach draufgeklickt“, antwortet er auf die Frage, was ihn heute hierhergeführt habe. Es scheint sich gelohnt zu haben.

Die Teilnehmer*innen des Forsche Schüler Tages sammeln sich für ein Gruppenfoto
Nach erfolgreichen Versuchen sammeln sich die Schülerinnen und Schüler. Quelle: Charlotte Fuchs/Leibniz-HKI

„Willkommen in der Wissenschaft“

In der Abteilung Paläobiotechnologie extrahierten die Schülerinnen und Schüler Naturstoffe aus Mikroben. „Das ist sehr neu und macht Spaß“, sagt eine Schülerin. Doch was, wenn es nicht mehr so neu ist? „Wir haben genau das gemacht, was ihr auch macht?“, fragt sie Sebastian Götze, der mit Ihnen den Versuch durchführt. „Im Prinzip schon, das machen wir häufig“, ist die Antwort. Einerseits spannend, anderseits lautet die spontane Reaktion: „Das ist aber sehr monoton.“ Sebastian meint lachend: „Willkommen in der Wissenschaft!“.  So lernen die Schülerinnen und Schüler einen weiteren wichtigen Aspekt der Forschung. Ausdauer und Geduld gehören genauso dazu wie spannende Versuche.

Mitarbeiter*innen

Sebastian Götze
Tim Schille
Franziska Schmidt