Rekrutierung für Tuberkulose-Studie beendet
| von Friederike Gawlik

Das Leibniz-HKI freut sich über die erfolgreich abgeschlossene Rekrutierung von Proband*innen für die DECISION-Studie des internationalen UNITE4TB-Konsortiums, die neue Therapieregime zur Bekämpfung der arzneimittelresistenten Tuberkulose untersucht. Dies stellt einen bedeutenden Schritt im Kampf gegen diese tödliche Krankheit dar.
Tuberkulose ist eine durch Mycobacterium tuberculosis verursachte bakterielle Infektionskrankheit, die meist die Lungen befällt. Unbehandelt kann die Erkrankung tödlich sein, insbesondere in Entwicklungsländern, wo der Zugang zu Diagnostik und Behandlung oft eingeschränkt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahl der resistenten Erreger zunimmt – derzeit verfügbare Antibiotika wirken hier nicht mehr. Weltweit erkranken nach WHO-Angaben etwa 10 Millionen Menschen jährlich neu an Tuberkulose, wovon etwa 1,6 Millionen sterben. Tuberkulose gilt damit als eine der häufigsten und tödlichsten Infektionskrankheiten. Neue Medikamente gegen arzneimittelresistente Bakterienstämme werden dringend benötigt.
Seit einigen Jahren weckt nun ein Wirkstoff große Hoffnungen für die Behandlung: BTZ-043, ein neues Antibiotikum aus der Gruppe der Nitro-Benzothiazinone (BTZs), das von Forschenden des Leibniz-HKI entdeckt wurde und seit 2014 in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen vom Institut für Infektions- und Tropenmedizin am LMU Klinikum München und weiteren Partnern wie der Hapila GmbH in Gera entwickelt wird. BTZ-043 ist das erste in Deutschland entwickelte Tuberkulose-Antibiotikum seit Jahrzehnten und aktuell auch das einzige in klinischen Studien. Der Wirkstoff gehört zu einer neuen Klasse von Antibiotika, die ein Enzym in den Tuberkulose-Erregern hemmen, welches für den Aufbau der Bakterienzellwand notwendig ist. Das neuartige Antibiotikum, das 2023 zum Leibniz-Wirkstoff des Jahres gekürt wurde, ist auch gegen arzneimittelresistente Stämme von M. tuberculosis wirksam.

Die mehrere Millionen Euro teure Medikamentenentwicklung ist nur durch gemeinsame Finanzierung von öffentlicher und privater Hand möglich: Insbesondere die beiden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbünde InfectControl und das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) sind an der Wirkstoffentwicklung beteiligt. Die klinischen Studien finden im Rahmen des über die European & Developing Countries Clinical Trials Partnership (EDCTP) geförderten europäisch-afrikanischen Konsortiums PanACEA II und des Forschungskonsortiums „Academia and Industry United Innovation and Treatment for Tuberculosis“ (UNITE4TB) statt.
UNITE4TB testet den Wirkstoff aktuell im Rahmen der DECISION-Studie (BTZ-043 Dose Evaluation in CombInation and SelectION), die vom Tropeninstitut in München koordiniert und überwacht und vom LMU Klinikum München gesponsort wird. DECISION ist eine klinische Studie im fortgeschrittenen Stadium von Testungen, in der die Sicherheit und Wirksamkeit verschiedener BTZ-043-Dosierungen bei Patient*innen mit arzneimittelempfindlicher Tuberkulose verglichen wird. Dafür wurden nun 90 Teilnehmer*innen an vier Standorten in Südafrika und Tansania rekrutiert. „Die Ergebnisse werden helfen, die richtige Dosis von BTZ-043 zu bestimmen und damit einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Bekämpfung der Tuberkulose zu leisten“, sagt Prof. Dr. med. Michael Hoelscher, Direktor des Tropeninstituts am LMU Klinikum in München. „Wir freuen uns sehr, die Rekrutierung für die DECISION-Studie abgeschlossen zu haben. Dieser Erfolg unterstreicht das Engagement und die harte Arbeit unseres globalen UNITE4TB-Teams und unserer lokalen Studienpartner.“
Forschende des Leibniz-HKI möchten den Wirkstoff weiter optimieren

Derweil soll BTZ-043 weiter optimiert werden, vor allem in Hinblick auf die pharmakokinetischen Eigenschaften des Wirkstoffs. Das Leibniz-HKI bleibt damit ein wichtiger Player im globalen Kampf gegen Tuberkulose. Eine aktuelle Studie von Forschenden aus der Transfergruppe Antiinfektiva, veröffentlicht in Nature Communications Chemistry, untersucht, wie gezielte chemische Modifikationen von BTZ dessen Eigenschaften und seine Verstoffwechselung in menschlichen Zellen beeinflussen. Dadurch gewinnen die Forschenden des Leibniz-HKI neue Hinweise, wie sie in Zukunft neue BTZ-Derivate designen und weiterentwickeln können.
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Originalpublikation
Keiff F, Bernal FA, Joch M, Jacques dit Lapierre TJW, Li Y, Liebing P, Dahse HM, Vilotijevic I, Kloss F (2024) Modulation of the Meisenheimer complex metabolism of nitro-benzothiazinones by targeted C-6 substitution. Commun Chem, https://doi.org/10.1038/s42004-024-01235-x.