Vorreiterin im Kampf gegen einen tückischen Pilz

„In Deutschland hat meine Gruppe die genetische Modifikation von Fusarium-Pilzen und somit deren funktionale genetische Analyse insbesondere im Zusammenhang mit Infektionen des Menschen als Alleinstellungsmerkmal.“

| von Charlotte Fuchs

Slavica Janevska im Labor
Slavica Janevska. Quelle: Anna Schroll

„Filamentöse Pilze der Gattung Fusarium gehören zu einer der artenreichsten Pilzgattungen überhaupt, der viele Pathogene zugeordnet sind. Fusarien befallen zahlreiche Pflanzen und sorgen so weltweit für Ernteeinbußen, dazu sind sie auch noch opportunistische Humanpathogene, lösen also Infektionen beim Menschen aus.“ Slavica Janevska leitet die Thüringer Forschungsgruppe „FusInfect – Fusarium-Infektionen: Molekularbiologie und Diagnostik eines unterschätzten Erregers“ am Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI), die in die Nachwuchsgruppe „(Epi‑)Genetische Regulation Pilzlicher Virulenz“ integriert ist. Janevska erklärt, warum sie seit ihrer Masterarbeit der Pilzgattung Fusarium treu geblieben ist: „Sie können mehrere Wirte befallen, sowohl Pflanzen, Tiere als auch Menschen. Ich finde das spannend, zumal wir die Infektionsprozesse noch viel zu wenig verstehen.“

Während die infektiösen Pilze Aspergillus fumigatus und Candida albicans bereits intensiv erforscht werden, ist das bei Fusarium bisher nicht der Fall. Sowohl die schnelle Diagnose, als auch die Therapie von schwerwiegenden Fusarium-Infektionen bereiten große Schwierigkeiten und verursachen viel Leid. „Das ist eine Forschungslücke, die ich hoffentlich etwas schließen kann.“

Seit etwa einem Jahr leitet Janevska die neue Forschungsgruppe, die vom Land Thüringen mit EU-Mitteln gefördert wird. Mit ihrem Team studiert sie Virulenzfaktoren von Fusarien und deren Regulation, um die Infektion besser zu verstehen und vor allem schneller und sicherer erkennen zu können. Ein großer Vorteil dabei ist die Nachbarschaft zum Nationalen Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk), mit dem die Gruppe in engem Austausch steht. „Das NRZMyk untersucht Patientenisolate, die von Ärzten eingeschickt werden um die Erreger exakt bestimmen zu lassen und die Wirksamkeit von Antimykotika prüfen zu lassen “, erläutert Janevska mit Blick auf Grit Walther, die das Jenaer Labor des NRZMyk leitet und eine Expertin für die Taxonomie und Diagnostik von Pilzen ist. Gemeinsam mit Slavica Janevska hat sie die Fördermittel für die neue Forschungsgruppe eingeworben. „Wir sequenzieren die Genome pathogener Fusarien und wollen herausfinden, wie sie den Wirt infizieren.“ Später sollen einzelne Gene anhand experimenteller Labor-Infektionsmodelle auf ihre Funktion hin untersucht werden.

Unsichtbare Gefahr für die Augen

Auf der 2022 erstmals veröffentlichten Liste gesundheitsgefährdender Pilze der Weltgesundheitsorganisation steht Fusarium in der High Priority Group, die besondere Aufmerksamkeit verdient. Doch was macht diese Pilze eigentlich so gefährlich? Invasive Infektionen, die hauptsächlich Patienten mit stark geschwächtem Immunsystem betreffen, enden oft tödlich, da Fusarien gegen mehrere Antimykotika-Klassen resistent sind. Neben dieser Gefahr ist die durch Fusarien ausgelöste Infektion der Augenhornhaut ein großes Problem. Mehr als eine Million Menschen weltweit sind jährlich von Pilzkeratitis betroffen, von denen 8-11% ihr Augenlicht verlieren. Anhand der Zahlen des NRZMyk (2014-2021) werden etwa 50% der Hornhautentzündungen mit filamentösen Pilzen in Deutschland durch Fusarium verursacht. Insbesondere Nutzer weicher Kontaktlinsen sind hier betroffen. „Mangelnde Hygiene spielt wahrscheinlich eine Rolle. In Einzelfällen kann es dazu führen, dass das Auge operativ entfernt werden muss, obwohl die Person ansonsten kerngesund ist“, führt Janevska aus. „Bisher ist unklar, ob es aggressivere Fusarium-Arten gibt. Das wollen wir genauer verstehen.“

Verstehen, um zu kämpfen

„Wir haben die Gruppe ganz neu aufgebaut und sind inzwischen im Leibniz-HKI gut angekommen“, erinnert sich Janevska. „Nun haben wir ein internationales Team mit unterschiedlichen Kenntnissen, die wir für eine bestmögliche Zusammenarbeit einbringen. Unser Leitspruch ist: Den Pilz zu verstehen, ist der erste Schritt um ihn bekämpfen zu können.“ Nach ihrer Promotion in Münster – natürlich zum Thema Fusarium – kam Janevska als Postdoktorandin an das Leibniz-HKI. Mit einer bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworbenen Förderung, ging sie danach für drei Jahre nach Amsterdam, wo sie an epigenetischen Modifikationen bei Fusarium arbeitete.

Der Bereich der Epigenetik begleitete Janevska schließlich zurück nach Jena. Die Epigenetik befasst sich mit Zellprozessen, die die Aktivität von Genen beeinflussen, während die DNA-Sequenz unverändert bleibt. Neben den Infektionsmechanismen, Wirt-Pathogen-Interaktionen sowie einer besseren Diagnostik für Fusarium-Infektionen, beschäftigt sich die Gruppe deshalb auch mit epigenetischen Regulationsmechanismen, insbesondere in Virulenz-assoziierten heterochromatischen Bereichen, und der Biosynthese und Regulation von Naturstoffen.

Mitarbeiter*innen

Slavica Janevska
Grit Walther