Anerkennung aus dem Heimatland
Die Nachwuchswissenschaftlerin Qian Chen wird vom chinesischen Bildungsministerium geehrt
„Ich suche die Herausforderung.“ Mit ihrer Tätigkeit am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) hat die Biologin Qian Chen genau das gefunden: Aus fast völliger Ahnungslosigkeit arbeitete sie sich in die Funktionsweisen einer Nierenkrankheit ein. Dafür wird ihr nicht nur in Wissenschaftskreisen Respekt gezollt – Vom Bildungsministerium ihres Heimatlandes erhielt sie nun den „Preis der chinesischen Regierung für herausragende Studenten im Ausland“.
Das Komplementsystem unseres Körpers sorgt dafür, dass bakterielle Eindringlinge schnell und direkt bekämpft werden. Arbeitet es nicht richtig, können schwerwiegende Krankheiten auftreten. Die Ursachen dafür sind vielfältig – und Qian Chen tritt auf den Plan. „Seit 2010 habe ich mich hier am HKI mit der Regulierung des Komplementsystems beschäftigt. Das Einarbeiten war hart, weil ich anfangs fast nichts über die Thematik wusste. Aber jetzt bin ich so tief drin, dass ich gar nicht aufhören will zu forschen“, schmunzelt Qian. Sie untersucht verschiedene Faktoren wie genetische Mutationen, die Grund für die Fehlfunktion des Komplementsystems sein können und damit zur Erkrankung Betroffener führen. Sie hofft, dass die Ergebnisse ihrer Forschung zu neuen und besseren Therapien führen werden.
Vier Publikationen kann Qian in ihren vier Jahren am HKI veröffentlichen, zwei davon als Erstautorin. Einer der Gründe, warum sie von der chinesischen Regierung für den Preis ausgewählt wurde. 500 junge chinesische Wissenschaftler aller Disziplinen werden jährlich ausgezeichnet. In diesem Jahr gehen 38 Preise nach Deutschland, wo es allein 25.000 chinesische Studenten gibt. „Der Preis selbst ist mir gar nicht so wichtig“, sagt Qian, „es geht mir um die Anerkennung. Die Regierung belohnt damit gute Leistungen. Ich fühle mich so stärker mit meinem Heimatland verbunden.“
Bis 2009 studiert Qian in Peking Biologie an der China Agriculture University. Dafür ist ihr auch der 2.500 Kilometer lange Weg aus der südchinesischen Küstenstadt Beihai nicht zu weit. „Nach Peking zu gehen war mein Traum. Ich wollte unbedingt in die Hauptstadt. Nicht nur, weil sie kulturell viel zu bieten hat; durch die gute Anbindung an Unternehmen hat man hier als Student die Chance, wichtige Kontakte zu knüpfen.“ 2009 erhält sie die Möglichkeit für einen Forschungsaustausch nach Jena zu gehen, an das Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut. Qian erinnert sich genau an ihren ersten Eindruck: „Es war Mitternacht, als ich im Januar in Jena ankam. Es war sehr kalt. Doch der Anblick von Schnee hat mich für die Kälte entlohnt.“
Jena gefällt ihr, daher kehrt sie nach dem Abschluss des Studiums und mit Beginn der Doktorarbeit zurück, diesmal an das benachbarte Hans-Knöll-Institut. „Ich liebe die Natur rund um Jena. Und auch die kleinen Städte in der Umgebung. Leider bleibt neben der Arbeit im Labor wenig Zeit für Fahrrad- und Wandertouren.“ Schon jetzt kristallisiert sich heraus: Wer es zu etwas in der Wissenschaft bringen will, darf keine Überstunden scheuen. Über Gespräche mit Kollegen und Freunden stellt sie fest, dass sie längst nicht die Einzige ist, die über die Verteilung von Beruf und Privatleben nachdenkt. „Das ist heutzutage einfach so. Manchmal spiele ich mit dem Gedanken, ein anderes Leben auszuprobieren. Vielleicht sollte ich mehr über die Gesellschaft lernen und Schriftstellerin werden? Ich bin mir sicher, dass es auch für mich nicht nur einen richtigen Weg zu leben gibt.“
Erst einmal wird sie den Weg der Forschung weiter verfolgen. Auch, weil sie in Jena auf den Geschmack gekommen ist. „In der Zeit der Doktorarbeit habe ich viel über mich selbst gelernt und an mir gearbeitet. Jetzt kann ich mir selbstständig ein wissenschaftliches Thema erarbeiten und dieses vor meinem Professor oder Publikum vortragen.“ Wohin sie der Weg führt? „Ich würde sehr gern in Jena bleiben. Aber natürlich muss ich mich danach richten, wo ich eine gute Postdoc-Stelle finde. Ganz gleich wo auf der Welt ich bin: Wenn ich in einem Labor ein Zeiss-Mikroskop sehe“, Qian lacht, „dann bin ich schon stolz.“
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 350 Personen am HKI, davon 120 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, des Sonderforschungsbereiches/Transregio FungiNet, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Telefon: +49 3641 532-1011
Mobil: +49 1520 1848494
Telefax: +49 3641 532-0801
E-Mail: michael.ramm@hki-jena.de
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