Einfallsreiche Mikroorganismen
HKI-Wissenschaftler erhalten medac-Forschungspreis 2015
Von Tina Kunath
Jena. Jährlich vergibt das mittelständische Pharmaunternehmen medac GmbH mit Sitz in Wedel den medac-Forschungspreis an junge Wissenschaftler des HKI, die interdisziplinär forschen. In diesem Jahr wurden gleich drei herausragende Arbeiten ausgezeichnet.
Ein Viertel aller pflanzlichen Lebensmittel weltweit landet niemals auf einem Teller, weil sie auf dem Weg dahin verderben. Gefährdet, während der Lagerung zu verderben, ist auch eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel, die Kartoffel. Sie wird von Krankheitserregern wie dem Bakterium Clostridium puniceum befallen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Gulimila Shabuer hat herausgefunden, dass das sauerstofffeindliche Bakterium ein spezielles Antibiotikum nutzt, um einerseits in der sauerstoffreichen Umgebung der Kartoffel zu überleben, aber auch um sich gegen andere Krankheitserreger in der Kartoffel zu schützen. Der Nachweis dieser bisher unbekannten Doppelfunktion ebnete den Wissenschaftlern den Weg in das weltweit renommierte Journal Science.
Das Onlinejournal eLife veröffentlichte das Forschungsergebnis von Markus Greßler und seinen Kollegen. Sie haben den Wirkstoff Terrein charakterisiert, der vom Schimmelpilz Aspergillus terreus gebildet wird. Für diesen stellt Terrein einen klaren Überlebensvorteil dar. Im Zusammenleben mit vielen anderen Mikroorganismen sucht der Pilz seine Umgebung nach bestimmten Stoffen ab. Wenn er spürt, dass Nahrungskonkurrenten in der Nähe sind bildet er Terrein, um sie zu vertreiben und sichert damit seine Existenz.
Eine besondere Form des Hefepilzes Candida albicans nahm sich das Team von Anja Wartenberg vor, nämlich eine recht wehrlose Mutante dieses Pilzes. Obwohl der eigentliche Pilz die Fresszellen des Immunsystems eines Menschen zerstören und ihn so besiedeln und krankmachen kann, ist die Mutante genetisch dazu nicht in der Lage. Die Forscher konfrontierten diese Mutante nun im Experiment immer wieder mit Fresszellen, bis sie erneut mutierte und die Fresszellen wieder zerstören konnte. Ihre Erkenntnisse zu dieser ‚Evolution im Labor‘ wurden in der Fachzeitschrift PLoS Genetics abgedruckt.
Originalveröffentlichungen
Shabuer G, Ishida K, Pidot SJ, Roth M, Dahse HM, Hertweck C (2015) Plant-pathogenic anaerobic bacteria use aromatic polyketides to access aerobic territory. Science, 350 (6261), 670-674. DOI: 10.1126/science.aac9990
Gressler M, Meyer F, Heine D, Hortschansky P, Hertweck C, Brock M (2015) Phytotoxin production in Aspergillus terreus is regulated by independent environmental signals. eLife 2015;4:e07861.
Wartenberg A, Linde J, Martin R, Schreiner M, Horn F, Jacobsen ID, Jenull S, Wolf T, Kuchler K, Guthke R, Kurzai O, Forche A, d'Enfert C, Brunke S, Hube B (2014) Microevolution of Candida albicans in macrophages restores filamentation in a nonfilamentous mutant. PLoS Genetics 10(12), e1004824.
Preisträger
Gulimila Shabuer (Biomolekulare Chemie)
Dr. Keishi Ishida (Biomolekulare Chemie)
Dr. Sacha Pidot (Biomolekulare Chemie)
Dr. Martin Roth (Biotechnikum)
Dr. Hans-Martin Dahse (Infektionsbiologie)
Dr. Markus Greßler (Mikrobielle Biochemie und Physiologie)
Florian Meyer (Biomolekulare Chemie)
Daniel Heine (Biomolekulare Chemie)
Dr. Peter Hortschansky (Molekulare und Angewandte Mikrobiologie)
Dr. Anja Wartenberg (Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen)
Dr. Jörg Linde (Systembiologie und Bioinformatik)
Dr. Ronny Martin (Fungal Septomics)
Maria Schreiner (Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen)
Dr. Fabian Horn (Systembiologie und Bioinformatik)
Thomas Wolf (Systembiologie und Bioinformatik)
Dr. Sascha Brunke (Mikrobielle Pathogenitätsmechanismen)
Bildunterschrift
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Die Preisträger (von links: Sascha Brunke, Keishi Ishida, Gulimila Shabuer, Martin Roth, Hans-Martin Dahse, Ronny Martin, Peter Hortschansky, Maria Schreiner, Anja Wartenberg) umrahmt von dem Geschäftsführer der medac GmbH, Nikolaus Graf zu Stolberg und dem Institutsdirektor Axel Brakhage. (Quelle: HKI/Michael Ramm)
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 400 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,64 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
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