English version
Living in a lethal atmosphere
Science publication airs new capabilities of a potato pathogen
By Tina Kunath, translation by Robert Barnett
Jena. The group of Prof. Dr. Christian Hertweck from the Hans Knöll Institute in Jena has discovered the dually-functional clostrubins, antibiotic compounds, from anaerobic bacteria that infect and decompose potatoes. Their research uncovers the functions of the clostrubins, protecting the bacteria from an otherwise-lethal oxygenated environment, as well as being potent antibacterials against competitors. Their findings have now been published in the journal Science.
A quarter of all vegetable sustenance worldwide is lost because of infectious plant diseases. Potatoes are a staple and harvest losses can be devastating to dependant communities. The perpetrators are often bacteria such as Clostridia which decompose the potatoes. These bacteria are strictly anaerobic and should only able to survive in an oxygen-free environment; yet, oxygen is present inside potatoes. So how do these bacteria overcome the seemingly impossible?
Gulimila Shabuer, a PhD student in the Biomolecular Chemistry Department at the Leibniz-Institute for Natural Product Research and Infection Biology – Hans Knöll Institute, and her colleagues have studied the potato rot pathogen, Clostridium puniceum; they discovered “the bacteria produce a group of compounds, the clostrubins, which enable the bacteria to survive in an oxygenated environment.” An antioxidant role is clear, though scientists cannot yet explain this function. Additionally, the clostrubins have high antibacterial activities against other common potato pathogens, effectively removing competitors from a resource-limited niche.
This work from the group of Prof. Dr. Christian Hertweck follows their unprecedented discovery of closthioamide in 2010, the first antibiotic from strictly anaerobic bacteria. Nevertheless, the dually functional clostrubins represent a new survival strategy for strictly anaerobic bacteria; essential for their survival in an oxygenated environment, and potently antibacterial against competitors.
The results were obtained with the Peter Doherty Institute for Infection and Immunity in Melbourne, Australia.
Deutsche Version
Leben in lebensfeindlicher Umgebung
Science-Publikation lüftet Fähigkeiten eines Kartoffel-Krankheitserregers
Von Tina Kunath
Jena. Ein Viertel aller pflanzlichen Lebensmittel weltweit verdirbt aufgrund von Pflanzenkrankheiten. Wissenschaftler des Hans-Knöll-Instituts haben ein normalerweise Sauerstoff-empfindliches Bakterium untersucht, das vor allem Kartoffeln befällt. Ihre Ergebnisse zeigen völlig unerwartet, dass dieses Bakterium in der Lage ist, in Umgebung mit Sauerstoff dennoch zu überleben. Wie dies geschieht, wurde nun im Fachmagazin Science veröffentlicht.
Kartoffeln zählen auf der ganzen Welt zu einem der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Umso verheerender ist es, wenn ein großer Teil der Ernte aufgrund von Fäulnis gar nicht erst auf dem Teller landet. Die Verursacher sind oft Bakterien, die Kartoffeln zersetzen, so zum Beispiel Clostridien. Doch eigentlich können diese nur in sauerstofffreier Umgebung leben, nicht jedoch in einer Kartoffel, in der immer Sauerstoff vorhanden ist. Wie gelingt diesen Bakterien das scheinbar Unmögliche?
Gulimila Shabuer, Doktorandin in der Abteilung Biomolekulare Chemie am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, hat bei ihrer Forschung an dem Erreger der Kartoffelfäulnis, Clostridium puniceum, dessen ganz besondere Fähigkeiten entdeckt: „Das Bakterium produziert eine Gruppe von Wirkstoffen, die Clostrubine, die es ihm ermöglichen, in sauerstoffreicher Umgebung zu leben.“ Wie genau das funktioniert, können die Wissenschaftler bisher noch nicht sagen.
Doch ist dies nicht der einzige Überlebensvorteil des Bakteriums. Die Wirkstoffe machen es auch wehrhaft gegen andere Krankheitserreger in der Pflanze, die mit ihm konkurrieren. Sie wirken also antibiotisch. Dass Anaerobier, also sauerstofffeindliche Bakterien Antibiotika produzieren können, hatte die Gruppe von Prof. Dr. Christian Hertweck erstmals 2010 am Beispiel des Closthioamids nachgewiesen. Doch die Doppelfunktion der Clostrubine ist neu und deckt eine neue Strategie von Krankheitserregern in Pflanzen auf. Das Bakterium ist nicht nur in der Lage, Wirkstoffe zu produzieren, die potente Antibiotika sind. Diese Wirkstoffe helfen dem Bakterium auch noch beim Überleben in einer sauerstoffreichen Umgebung.
Seine Ergebnisse hat das Team aus HKI-Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit dem australischen Peter Doherty Institute for Infection and Immunity im weltweit renommierten Journal Science veröffentlicht.
Originalveröffentlichung
Shabuer G, Ishida K, Pidot SJ, Roth M, Dahse HM, Hertweck C (2015)
Plant-pathogenic anaerobic bacteria use aromatic polyketides to access aerobic territory.
Science, 350 (6261), 670-674. DOI: 10.1126/science.aac9990
Bildunterschriften
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Die HKI-Doktorandin Gulimila Shabuer bei ihrer Arbeit mit den farbenprächtigen Clostridien.
Quelle: HKI /Tina Kunath
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Der durch das Bakterium Clostridium puniceum ausgelöste Schaden bei Kartoffeln.
Quelle: HKI/ Gulimila Shabuer
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Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Kartoffelstücks, das vom Bakterium Clostridium puniceum befallen ist.
Quelle: Elektronenmikroskopisches Zentrum UKJ /Susanne Linde
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 400 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
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