Mehr als nur Joghurt
Europäisches Programm fördert HKI-Projekt FunComPath
Von Tina Kunath
Jena. Unzählige Joghurtsorten bevölkern die Kühltruhen der hiesigen Supermärkte. Darunter sind auch jene, die mehr als nur Gaumenfreuden versprechen: probiotische Joghurts. Ob Probiotika dem Körper in Form von Lebensmitteln nutzen, ist ungewiss. Der gezielte medizinische Einsatz ist hingegen vielversprechend. Ein europäisches Förderprogramm setzt sich nun für die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Infektionskrankheiten, der normalen mikrobiellen Flora und dem möglichen Schutz durch Probiotika ein. Auch das Konsortium FunComPath, das vom HKI geleitet wird, ist unter den geförderten Projekten.
Wird ein erkrankter Patient mit Antibiotika gegen Bakterien behandelt, kommt es häufig zur Infektion mit körpereigenen Pilzen, wie dem Hefepilz Candida albicans. „Der Pilz bevölkert die meiste Zeit über unsere Schleimhäute und richtet keinen Schaden an“, so Bernhard Hube vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI), der das Projekt FunComPath federführend erarbeitet hat. „Wird bei der Antibiotika-Therapie jedoch die natürliche Bakterienflora im Körper zerstört, hat er Raum sich auszubreiten. Der Patient erkrankt.“
Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Paris, Düsseldorf, Madrid und Göteborg möchte Bernhard Hube mit seinem Team herausfinden, wie sich bei Candida albicans der Übergang vom friedlichen Besiedler zum Krankheitserreger vollzieht. „Wüssten wir, welche Mechanismen dazu führen, dass der Pilz plötzlich gefährlich wird, könnten wir sie unterbinden.“ Teil des Projekts ist ebenfalls die Erforschung von probiotischen Hefen, die nicht im Joghurt, sondern in der medizinischen Therapie Einsatz finden könnten. „Hefen gehören zum Reich der Pilze und werden durch Antibiotika nicht zerstört. Schon heute werden probiotische Hefen in der Medizin eingesetzt, um die natürliche Flora des Körpers zu festigen und Durchfallerkrankungen zu behandeln. Wir wollen vor allem schauen, wie durch probiotische Hefen einer Infektion mit Candida albicans vorgebeugt werden kann.“
Schon für den Projektantrag von FunComPath arbeitete Bernhard Hube, der zugleich einen Lehrstuhl an der Friedrich-Schiller-Universität Jena innehat, mit einem deutschen und einem französischen Unternehmen zusammen, die das Vorhaben für zukunftsträchtig halten. „Uns geht es darum, Erkenntnisse zu gewinnen, die anschließend industriell zur Anwendung kommen.“ Das Projekt wird mit insgesamt 1 Million Euro gefördert, wovon 245.000 Euro in Jena zum Einsatz kommen. Die Laufzeit beträgt drei Jahre.
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 380 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
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Wissenschaftliche Organisation
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Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
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