Saale statt Jangtsekiang
Zwei chinesische Doktorandinnen forschen am Hans-Knöll-Institut
In China gilt: Alle Wege führen nach Wuhan. Die zentralchinesische Stadt ist wichtiger Industriestandort und Knotenpunkt der nationalen Autobahnen. Aus dieser Millionenstadt treibt es nun zwei Wissenschaftlerinnen nach Thüringen. Über ein Stipendium der chinesischen Regierung haben Xinli Pan und Huiyun Peng eine Doktorandenstelle am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) erhalten. Vom Reich der Mitte in Deutschlands Mitte.
Eine der vielen Labortüren des Jenaer Hans-Knöll-Instituts wird aufgestoßen und Stimmen unterbrechen die Ruhe, die im Gang herrscht. Im Labor bedienen Wissenschaftler Geräte, kontrollieren Proben und sprechen ihre Ergebnisse miteinander ab. Viele kommen von weit her, um hier am Institut zu forschen. Die Chinesinnen Xinli Pan und Huiyun Peng sind seit kurzem in Jena. An das Leben in Deutschland haben sie sich zwar noch nicht gewöhnt, die Arbeit im Labor ist ihnen aber schon jetzt vertraut. „Es gibt keinen Unterschied zwischen der Forschung in Deutschland und der in China. Alle meine chinesischen Professoren hatten Forschungsaufenthalte in Europa. Die Erfahrungen und das Wissen bringen sie dann mit nach China. Damit vermischen sich die Unterschiede so sehr, dass man eigentlich von globaler Forschung sprechen kann.“, sagt die 24-jährige Biologin Huiyun.
Englisch ist die Sprache, in der am HKI geforscht, geschrieben und miteinander gesprochen wird. Ein Vorteil für Xinli und Huiyun, die vor ihrer Abreise einen einmonatigen Deutschkurs absolviert haben. „Viel mehr als ‚Einen Kaffee zum Mitnehmen, bitte‘ kann ich noch nicht auf Deutsch sagen.“, bedauert Xinli. „Aber die Leute hier in Jena sind sehr hilfsbereit“, wirft Huiyun ein, „In den ersten Tagen habe ich versucht, das International Office zu finden. Da stand ich mitten in der Stadt mit ausgebreitetem Stadtplan und ein Mädchen hat mich tatsächlich angesprochen und mir den Weg dorthin gezeigt.“
Sechs Jahre haben Xinli und Huiyun an der zentralchinesischen Wuhan-Universität studiert, die zu den besten des Landes zählt. Der Schritt, nach Deutschland zu gehen, um ihren Doktor zu machen, fiel beiden leicht. „Viele chinesische Studenten gehen ins Ausland, das gehört dazu. Für mich war es sowieso leicht, denn schon in meiner Schulzeit habe ich getrennt von meinen Eltern in einem Wohnheim gelebt. So waren die Regeln in meiner Schule“, berichtet die Chemikerin Xinli. Mit einem ganzen Berg von Dokumenten haben sich die Beiden bei der chinesischen Regierung für ein Stipendium beworben – mit Erfolg. Jetzt forscht Xinli in der Nachwuchsgruppe Sekundärmetabolismus räuberischer Bakterien und Huiyun in der Abteilung Biomolekulare Chemie am HKI. „Das Hans-Knöll-Institut ist ein sehr guter Ort zum Forschen. Ich hoffe, dass ich hier viele Ergebnisse veröffentlichen werde.“, so Xinli.
Kameradschaftlich, so beschreibt Huiyun das Arbeiten und Leben in Jena. Hier müsse man die Ellbogen gar nicht erst ausfahren. „In Wuhan leben so viele Menschen, da ist die Konkurrenz groß. In Jena sind die Leute entspannter und achten mehr aufeinander. Das liegt sicher daran, dass Jena eine relativ kleine, ruhige Stadt ist.“ Ländliche Gegend, weniger Industrie, weniger Fabriken – für Xinli könnte das Kontrastprogramm kaum größer sein: „Hier ist der Himmel so blau. In Wuhan war es immer etwas dunkler durch die vielen Fabriken.“ Statt zwei Stunden mit Bus und Schiff zur Uni, ist sie hier keine Viertelstunde zum Institut unterwegs. Ihre erste Neuanschaffung ist jetzt schon klar: ein Fahrrad.
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 350 Personen am HKI, davon 120 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, des Sonderforschungsbereiches/Transregio FungiNet, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI) –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Telefon: +49 3641 532-1011
Mobil: +49 1520 1848494
Telefax: +49 3641 532-0801
E-Mail: michael.ramm@hki-jena.de
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