Unbekannte Gefahr für Krebspatienten
Beate Hermann erhält den Vortragspreis der Thüringer Gesellschaft für Innere Medizin
Von Tina Kunath
Jena. Die meisten Bakterien, die uns täglich umgeben, machen dem gesunden Körper nichts aus. Erkrankt dieser kann sich das jedoch ändern. Das Immunsystem von Krebspatienten beispielsweise wird im Laufe der stark belastenden Therapie geschwächt. So sehr, dass selbst Bakterien aus dem Leitungswasser zur Gefahr werden können. Mit solcher Art Infektionen beschäftigt sich Beate Hermann in der Forschungsgruppe Infektionen in der Hämatologie/Onkologie. Für einen Vortrag darüber hat sie den Vortragspreis der Thüringer Gesellschaft für Innere Medizin erhalten.
Die Gattung der Mykobakterien ist keine ungefährliche: Nicht nur der Erreger der Lepra zählt dazu, sondern auch Mycobacterium tuberculosis, der Tuberkulose-Erreger. Auch weniger bekannte Mykobakterien können schwere Krankheiten auslösen, vor allem bei immungeschwächten Patienten. „Die Gruppe der sogenannten atypischen Mykobakterien löst immer häufiger Infektionen aus, vor allem bei Krebspatienten“, sagt Beate Hermann. Sie forscht im Team von Prof. Marie von Lilienfeld-Toal am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut im Rahmen des Sepsiszentrums CSCC. „Wir haben beobachtet, dass einige unserer Patienten schwere Krankheiten entwickelt haben, die der Tuberkulose ähneln. So entstand die Frage: Welcher Erreger ist dafür zuständig?“
Ähnliche Fälle seien bereits aus der HIV-Medizin bekannt gewesen und dort auf Mykobakterien zurückgeführt worden. Die Erkenntnisse wurden nun in Jena auf die Krebsmedizin übertragen. Das Immunsystem der HIV- wie auch Krebspatienten ist zu schwach und kommt nicht mit dem Eindringen der Mykobakterien zurecht. Im schlimmsten Fall stirbt der Patient damit nicht an der Krebserkrankung selbst, sondern beispielsweise an einer Lungenentzündung. Atypische Mykobakterien leben im Wasser und kommen damit an Orte, mit denen auch der Patient zwangsläufig in Berührung kommt: Im Leitungswasser als Nahrung oder auch aus dem Duschkopf.
13 Fälle aus Jena und neun weitere aus anderen deutschen Krankenhäusern wurden zusammengetragen. Mit folgender Erkenntnis: „Vor allem Mycobacterium avium löst die schweren Erkrankungen aus und trifft insbesondere Patienten mit Lymphdrüsenkrebs. Wir haben uns nun an unsere Kollegen in ganz Deutschland gewandt, um weitere Daten zu erhalten. So können wir eher Rückschlüsse darauf ziehen, welches Bakterium besonders häufig Infektionen auslöst. Denn es sind nicht alle Mykobakterien gleichermaßen gefährlich, so viel wissen wir schon jetzt.“
Aus 54 Vorschlägen wurde Beate Hermanns Vortrag bei der Jahrestagung der Thüringer Gesellschaft für Innere Medizin ausgewählt und mit dem Vortragspreis ausgezeichnet. Die Ärztin gehört dem Institut für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Jena an. Sie arbeitet in der Forschungsgruppe Infektionen in der Hämatologie/Onkologie der Klinik für Innere Medizin II mit.
Bildunterschrift
Die Medizinerin Dr. Beate Hermann im Labor (Quelle: HKI/UKJ)
Informationen zum Center for Sepsis Control and Care CSCC
Die Ärzte und Forscher des Zentrums für Sepsis und Sepsisfolgen CSCC am Universitätsklinikum Jena arbeiten an der Verringerung von Sepsiserkrankungen, ihrer Sterblichkeit und ihrer Folgeschäden. Sie erforschen die Krankheitsmechanismen, um neue Diagnose- und Therapieverfahren zu entwickeln. In großen klinischen Studien führen sie Qualitätsstandards für die Prävention, Akut-Behandlung und Nachsorge der Sepsis ein und evaluieren diese. Das Zentrum wird als eines von bundesweit acht Integrierten Forschungs- und Behandlungszentren vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 380 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI) –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
+49 3641 5321011
+49 176 54909562
Dr. Beate Hermann
Forschungsgruppe Infektionen in der Hämatologie/Onkologie
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Jena
Erlanger Allee 101
07747 Jena
+49 3641 9393640
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