Wie Pilze zu gefährlichen Krankheitserregern werden
ZIK Septomics von Universität Jena, Universitätsklinikum Jena sowie Hans-Knöll-Institut: Neue Forschergruppe „Host Fungal Interfaces“ nimmt im Oktober ihre Arbeit auf
Jena. Sie ist eine der gefährlichsten Krankheiten weltweit. Allein in Deutschland erkranken Jahr für Jahr rund 150.000 Menschen an einer Sepsis. Ungefähr 60.000 Patienten sterben an dieser - auch Blutvergiftung genannten - Erkrankung, bei der die körpereigene Immunabwehr infolge einer Infektion außer Kontrolle gerät. Neue Ansatzpunkte zur Diagnose und Therapie von Sepsis zu finden, das ist das Ziel des Zentrums für Innovationskompetenz (ZIK) Septomics in Jena. Die gemeinsame Forschungseinrichtung der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU), des Universitätsklinikums Jena (UKJ) sowie des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) – wird seit 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und darüber hinaus vom Freistaat Thüringen unterstützt.
Jetzt erhält das ZIK Septomics, das seinen Sitz auf dem Jenaer Beutenberg-Campus hat, weitere Verstärkung: Am 1. Oktober nimmt die neue Forschergruppe „Host Fungal Interfaces“ ihre Arbeit auf. Das 6-köpfige Team wird geleitet von Dr. Slavena Vylkova. Die 38-jährige Biologin wechselte von der University of Texas in Houston nach Jena. Das Forschungsprojekt wird für fünf Jahre mit rund 6,7 Millionen Euro gefördert.
„Wir freuen uns, dass wir mit Dr. Vylkova eine anerkannte Nachwuchswissenschaftlerin aus den USA nach Jena holen konnten. Das ist ein erneutes Zeichen dafür, dass die Forschung zu Sepsis und invasiven Pilzerkrankungen in Jena weltweit anerkannt ist. Dr. Vylkova wird hier neue Schwerpunkte setzen und unsere Arbeit bereichern – gerade auch mit ihrer internationalen Erfahrung“, sagt Prof. Dr. Oliver Kurzai, Vorstandssprecher des ZIK und Inhaber der Professur für Fungal Septomics der FSU. So werde die neue Gruppe klinisch relevante Aspekte der Pathobiologie invasiver Pilzinfektionen untersuchen. Dabei geht es um das Zusammenspiel von Sepsis-Erregern wie dem Hefepilz Candida albicans und dem Organismus der betroffenen Patienten.
Slavena Vylkova befasst sich bereits seit ihrer Promotionsarbeit an der University of New York in Buffalo mit krankheitserregenden Hefepilzen. So konnte sie unter anderem den Mechanismus aufklären, nach dem bestimmte Peptide im Speichel von Patienten mit einem gestörten Immunsystem, Pilzinfektionen mit Candida albicans bekämpfen. Dies betrifft z. B. HIV-Patienten. In Houston untersuchte sie, wie Candida albicans gezielt den pH-Wert der Umgebung beeinflusst. „Der pH-Wert wiederum reguliert die Pathogenität des Pilzes“, erläutert Vylkova. Bei steigendem pH wechselt der Pilz von einer runden Form einzeln wachsender Hefezellen zu langen, mehrzelligen Hyphen, die sehr aggressiv in das infizierte Gewebe einwachsen.
In den kommenden fünf Jahren in Jena will die Bulgarin, die auch einen US-amerikanischen Pass besitzt, vor allem Biofilme untersuchen. „Die meisten Mikroorganismen können Biofilme bilden“, erläutert die Wissenschaftlerin, „sie wachsen an Oberflächen, wie z. B. intravenösen Kathedern aber auch humanen Geweben zu vielschichtigen Gebilden zusammen.“ Das mache sie nicht nur für die Immunabwehr zum Problem. „Auch für Antibiotika oder andere Medikamente sind die Erreger in dieser Form nur schwer zugänglich.“ Die Folge: Aus der Besiedlung mit den Mikroben kann eine Infektion und später eine Sepsis entstehen.
Ein Ziel der von Dr. Vylkova geleiteten Forschergruppe ist es herauszufinden, wie sich die unterschiedlichen Wachstumsbedingungen innerhalb der Biofilme auf den pH-Wert und damit die Pathogenität der Pilze auswirken. Dies sei zunächst Grundlagenforschung, die Ergebnisse lassen jedoch auch direkte Anwendungsmöglichkeiten erwarten. „Nicht nur in der Therapie von Sepsis, sondern beispielsweise auch in der Behandlung von Brandwunden“, so Vylkova. Denn auch in der Wundheilung spiele der pH-Wert eine entscheidende Rolle und Wundinfektionen durch Pilze sind bislang kaum untersucht.
Bildunterschriften
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Dr. Slavena Vylkova leitet die neue Forschergruppe "Host Fungal Interfaces" am ZIK Septomics in Jena. Sie und ihr Team werden in den kommenden fünf Jahren unter anderem erforschen, wie sich unterschiedliche Wachstumsbedingungen in Biofilmen auf deren Pathogenität auswirken
Quelle: Jan-Peter Kasper/FSU
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Dr. Slavena Vylkova leitet die neue Forschergruppe "Host Fungal Interfaces" am ZIK Septomics in Jena. Sie und ihr Team werden in den kommenden fünf Jahren unter anderem erforschen, wie sich unterschiedliche Wachstumsbedingungen in Biofilmen auf deren Pathogenität auswirken
Quelle: Jan-Peter Kasper/FSU
Informationen zum ZIK Septomics
Das Zentrum für Innovationskompetenz (ZIK) SEPTOMICS in Jena ist eine interfakultäre Forschungseinrichtung, die gemeinsam von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, dem Universitätsklinikum Jena und dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) getragen wird. Das ZIK Septomics ist ein zentraler Partner der Infektions- und Sepsisforschung in Jena und verbindet angewandte Grundlagenforschung und klinische Forschung unter einem Dach. Der Schwerpunkt der Forschung liegt auf der systembiologischen Charakterisierung systemischer Infektionen mit dem Ziel der Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Ansätze.
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 400 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,64 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Slavena Vylkova
ZIK Septomics
Albert-Einstein-Straße 10
07745 Jena
+49 3641 5321473
slavena.vylkova@leibniz-hki.de
www.septomics.de
Prof. Dr. Oliver Kurzai
ZIK Septomics
Albert-Einstein-Straße 10
07745 Jena
+49 3641 5321347
oliver.kurzai@leibniz-hki.de
www.septomics.de
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI) –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
+49 3641 5321011
+49 176 54909562
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