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„Sehhilfe“ für massenspektrometrische Bildgebung
Verteilung chemischer Substanzen kann nun auch an biologischen Proben mit unebenen Oberflächen sichtbar gemacht werden
Die Analyse von biologischen Gewebeproben mit unebenen Oberflächen stellte bislang ein großes Problem dar. Forscher aus drei Instituten des Beutenberg Campus in Jena haben gemeinsam ein massenspektrometrisches Verfahren weiterentwickelt, mit dem nun auch die Verteilung von Molekülen auf welligen, haarigen, bauchigen oder zerklüfteten Proben sichtbar gemacht werden kann. Prof. Hans Peter Saluz vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) ist von Anfang an nicht nur als Experte mit jahrelangen Imaging-Erfahrungen und neuen Technologieentwicklungen an der Schnittstelle zwischen Biologie, Physik und Chemie dabei, sondern ist auch Doktorvater von Benjamin Bartels, dem Erstautor der Studie. Die Quelle für das Laser-basierte Verfahren wurde im Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (MPI-CE) bei Dr. Aleš Svatoš speziell angefertigt, um den Höhenunterschieden unebener Proben gerecht zu werden. Mit Hilfe eines Entfernungs-Sensors, wird ein Höhenprofil der Oberfläche vor der eigentlichen chemischen Bildgebung aufgezeichnet. Dr. Norbert Danz vom Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik (IOF) konstruierte ein spezielles Linsensystem für Infrarotlaser. Das verbesserte Verfahren eröffnet vollkommen neue Perspektiven, um beispielsweise ökologische Fragestellungen zu beantworten.
Mit der Methode der Laser-Ablations-Elektrospray-Ionisierung (LAESI), einem massenspektrometrischen bildgebenden Verfahren, ist es möglich, die Verteilung verschiedener chemischer Verbindungen in einer biologischen Probe sichtbar zu machen. Dabei wird mit Hilfe eines Lasers ein winziger Teil der Probe durch lokale Erhitzung so zum Platzen gebracht, dass etwas Dampf entweichen kann. Die Dampfwolke wird durch einen elektrisch aufgeladenen Nebel ionisiert, sodass die im Dampf enthaltenen Substanzen vom Massenspektrometer aufgespürt werden können. „Die räumlich eingegrenzte Laser-Sondierung ermöglicht es, die chemischen Informationen so zusammenzutragen, dass ein Gesamtbild entsteht, ähnlich wie auch Fotos aus einzelnen Pixeln zusammengesetzt sind.“, beschreibt Studienleiter Dr. Aleš Svatoš die technischen Grundlagen des Verfahrens.
Die Verteilung von chemischen Verbindungen beispielsweise in Blüten, Blättern, Stängeln und anderen Pflanzenteilen ist für die ökologische Forschung von großer Bedeutung. Viele chemische Botenstoffe, die zur Kommunikation zwischen Lebewesen genutzt werden, sind sogenannte sekundäre Metabolite, die von Pflanzen und anderen Organismen gebildet werden, um beispielsweise Bestäuber anzulocken, sowie Fraßfeinde oder schädliche Erreger abzuwehren. Dabei spielt es nicht nur eine Rolle, dass bestimmte Moleküle im Gewebe angereichert werden, sondern auch der Ort, wo dies innerhalb des Gewebes der Fall ist. Ist ein bestimmter Abwehrstoff gleichmäßig in einem Pflanzenblatt verteilt oder gibt es spezielle Drüsen, die durch die Bildung chemischer Substanzen Schutz verleihen? In welchen Teilen der Außenhaut eines Insekts sind Gifte oder chemische Signalstoffe für die Kommunikation mit Artgenossen, Symbionten oder Konkurrenten besonders stark angereichert? Schon seit Langem wollen die Wissenschaftler in Jena Licht ins Dunkel des chemischen Miteinanders von Mikroorganismen und anderen Lebewesen bringen, welches das mikrobielle Gleichgewicht aufrecht erhält und reguliert, mit dem Ziel, in Zukunft kontrolliert eingreifen zu können, um gestörte Ökosysteme wieder in Balance zu bringen. Mit der vorliegenden hervorragenden Zusammenarbeit schaffen die drei beteiligten Institute einmal mehr die Voraussetzungen dafür.
„Die größte Herausforderung bei derartigen Untersuchungen ist es, die Beschaffenheit einer Probe über den gesamten Analyseprozess hinweg zu erhalten. Leider kommt es oft vor, dass die Probenvorbereitung die Analyseergebnisse beeinflusst, weil die chemische Anordnung der Probe verändert wird. Üblicherweise werden im Vorbereitungsprozess aus einer biologischen Probe dünne und flache Schnitte angefertigt, denn bislang konnten nur flache Proben gewährleisten, dass der Laser optimal fokussiert. Dies wiederum ist wichtig für zuverlässige Analyseergebnisse.“, fasst Benjamin Bartels, Doktorand in der Arbeitsgruppe Massenspektrometrie des MPI-CE, die Grenzen des bisherigen Verfahrens zusammen.
Aber viele biologische Proben haben eine unebene Oberfläche: Pflanzenblätter haben oftmals haarige Strukturen oder sie sind gewellt. Auch Raupen können haarig sein, immer sind sie jedoch rundlich und nicht flach. Die Jenaer Wissenschaftler haben daher das LAESI-Verfahren an unebene Oberflächen angepasst, um die Verteilung von chemischen Substanzen auch auf Proben mit ausgeprägten dreidimensionalen Formen abzubilden, ohne die Zuverlässigkeit klassischer Analysen aufs Spiel zu setzen.
Der neuartige Laboraufbau misst das Höhenprofil der jeweiligen Probe vor der eigentlichen massenspektrometrischen Analyse. Die aufgezeichneten Höhenprofile werden für die Korrektur der Entfernung zwischen der fokussierenden Linse und der Probenoberfläche genutzt. Auf diese Art und Weise wird ein wesentlicher Faktor für die zuverlässige Lasersondierung während des gesamten Experiments konstant gehalten und die Methode liefert auch für Proben mit dreidimensionalen Strukturen verlässliche Daten. „Dies bedeutet, dass wir die Verteilung von Molekülen auf biologischen Oberflächen eines wesentlich größeren Probenspektrums untersuchen können. Ich denke da beispielsweise an das Außenskelett von Insekten, Mikrobengemeinschaften in ihrer natürlichen Umgebung oder an den Vergleich der Inhalte einzelner Blatthaare einer Pflanze.“, erläutert Benjamin Bartels die Vorteile der Weiterentwicklung.
Die Forscher planen nun weitere Verbesserungen und Verfeinerungen der Methode, damit LAESI auch für Routine-Messungen an unebenen Oberflächen eingesetzt werden kann. [BB/AO/HPS/SG]
Originalveröffentlichung:
Bartels B, Kulkarni P, Danz N, Böcker S, Saluz HP, Svatoš A (2017) Mapping metabolites from rough terrain: laser ablation electrospray ionization on non-flat samples. RSC Advances 7, 9045-9050, DOI: 10.1039/C6RA26854D http://dx.doi.org/10.1039/C6RA26854D
Bildunterschriften
csm_LAESI_advanced_BB_b8c6b832fc.jpg (3,7 KiB)
Speziell angefertigte Laser-Quelle für bildgebende Massenspektrometrie: Mit Hilfe der verbesserten Laser-Ablations-Elektrospray-Ionisierung (LAESI) können nun auch die Oberflächen von unebenen Proben, wie dieses zerklüftete Stück eines Wirsingblatts, analysiert werden. Copyright: Benjamin Bartels, MPI chem. Ökol.
csm_topography_savoy_cabbage_de_58d5a947b6.jpg (2,9 KiB)
Höhenprofil einen Wirsingstückes (4 x 4 mm). Die maximale Höhendifferenz beträgt 2.38 mm. Copyright: Benjamin Bartels, MPI chem. Ökol.
Weitere Informationen:
Dr. Aleš Svatoš, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Straße 8, 07745 Jena, svatos@ice.mpg.de, +49 3641 57 1700
Prof. Dr. Hans Peter Saluz, Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, Adolf-Reichwein-Straße 23, 07745 Jena, hanspeter.saluz@leibniz-hki.de, +49 3641 1201
Kontakt und Bildanfragen:
Angela Overmeyer M.A., Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8, 07743 Jena, overmeyer@ice.mpg.de, +49 3641 57-2110
Download von hochaufgelösten Fotos über http://www.ice.mpg.de/ext/downloads2017.html
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 400 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundvorhaben wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,64 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI) –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Telefon: +49 3641 5321011
Mobil: +49 176 54909562
E-Mail: presse@leibniz-hki.de
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“Corrective glass” for mass spectrometry imaging
The distribution of chemical substances on samples with non-flat surfaces can now be visualized
The chemical analysis of biological tissues with three-dimensional shapes has previously been a major problem. Researchers from three different institutes of the Beutenberg Campus in Jena, Germany, together have now improved mass spectrometry imaging in a way that the distribution of molecules can be visualized on warped, hairy, or coarse surfaces. Prof. Hans Peter Saluz of the Leibniz Institute for Natural Product Research and Infection Biology – Hans Knöll Institute (HKI) joined as scientific expert with long lasting experience in imaging and technology development at the interface between biology, physics and chemistry. In addition, he is the supervisor of Benjamin Bartels, the first author of this study. The source of the laser-based technique was custom-built in the group of Dr. Aleš Svatoš in the Max Planck Institute for Chemical Ecology (MPI-CE) to accommodate the topography of non-flat samples. By employing a distance sensor, a height profile of the surface is recorded before the actual chemical imaging. Dr. Norbert Danz from the Fraunhofer Institute for Applied Optics and Precision Engineering (IOF) designed a specific lens system for infrared lasers. The improved tool opens entirely new perspectives for answering, e.g. ecological questions (RSC Advances, January 2017, DOI: 10.1039/C6RA26854D).
Laser ablation electrospray ionization (LAESI) is a method that can be applied in mass spectrometry imaging to investigate the distribution of many different chemical compounds within a biological sample. The laser is used to remove a small fraction of the sample by local heating. The illuminated part of the sample bursts and the escaping vapor is ionized by an electrically charged mist to make the vapor contents detectable in a mass spectrometer. "The spatially confined laser probing enables us to assemble chemical information very much like pixels form an image,” Aleš Svatoš, the leader of the new study, explains the technical principles of the technique.
The distribution of chemical compounds, for example in flowers, leaves, stalks and other parts of a plant are of major importance in ecological research. Many of these chemical compounds, used to communicate between individual organisms, are so called secondary metabolites which are produced by plants and other organisms to attract pollinators or to fend off herbivores or pathogens, for example. It is important to know if or not a plant produces these substances, but the location, where within the plant tissue the molecules accumulate, can also be crucial. Is a defensive substance distributed evenly in a plant leaf or are there special glands that provide protection by secreting this chemical? In which parts of an insect exoskeleton are toxins or pheromones for communicating with their conspecifics, symbionts or competitors specifically enriched? Scientists in Jena seek to unravel how microbes and higher organisms interact with each other on a molecular level, with the aim to rebalance ecological systems. Thus, the three involved institutes MPI-CE, HKI and IOF provide a sound basis with their excellent cooperation.
“The biggest challenge in analytics is preserving the constitution of a sample throughout the analytical process. More often than not, sample preparation influences the result by altering the sample’s chemical constitution. Typical preparation steps include sectioning a sample into thin, flat slices because flatness is required to guarantee optimal laser focus, a key parameter in reliable analysis.“, Benjamin Bartels, PhD student in the Mass Spectrometry Research Group at the MPI-CE, points out the limitations of previous setups.
But most biological samples have surfaces which are far from being flat: For example, plant leaves often have hairy structures or they are warped. Caterpillars can also be hairy, and they are generally rather bulgy than flat. The Jena scientists have therefore adapted the LAESI technique to non-flat surfaces to open up the possibility of performing chemical imaging of samples with pronounced three-dimensional shapes while maintaining the reliability of classical measurements.
The improved laboratory setup measures the height profile of the surface in question prior to the actual mass spectrometry imaging. The recorded height profiles can be used to correct the distance between the focusing lens of the laser and the sample’s surface. In this way one of the essential parameters for reliable laser probing is kept constant throughout the experiment on samples with three-dimensional structure which were previously not subjectable to such analysis. “This means, that we can now investigate molecular distributions on a much bigger range of accessible surfaces. I am thinking of insect exoskeletons or microbial colonies within their natural environment. We can now also compare the contents of different trichomes of a leaf,” Benjamin Bartels emphasizes the advantages of the LAESI enhancements.
In the near future the researchers plan to implement further improvements and refinements. It is their goal to use LAESI also in routine measurements of non-flat surfaces. [BB/AO/HPS/SG]
Original Publication:
Bartels B, Kulkarni P, Danz N, Böcker S, Saluz HP, Svatoš A (2017) Mapping metabolites from rough terrain: laser ablation electrospray ionization on non-flat samples. RSC Advances 7, 9045-9050, DOI: 10.1039/C6RA26854D http://dx.doi.org/10.1039/C6RA26854D
Figure Legends
csm_LAESI_advanced_BB_b8c6b832fc.jpg (3,7 KiB)
Custom-built laser source for imaging mass spectrometry: With the improved Laser-Ablation-Electrospray-Ionisation (LAESI) setup surfaces of warped samples, like this piece of a savoy cabbage leave, can now be analysed. Copyright: Benjamin Bartels, MPI Chem. Ecol.
csm_topography_savoy_cabbage_de_58d5a947b6.jpg (2,9 KiB)
Height profile of a piece of savoy cabbage (4 x 4 mm). The maximum difference in height is 2.38 mm. Copyright: Benjamin Bartels, MPI Chem. Ecol.
Further Information:
Dr. Aleš Svatoš, Max Planck Institute for Chemical Ecology, Hans-Knöll-Straße 8, 07745 Jena, Germany, E-Mail svatos [at] ice.mpg.de, Tel.: +49 3641 57 1700
Prof. Dr. Hans Peter Saluz, Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, Adolf-Reichwein-Straße 23, 07745 Jena, hanspeter.saluz@leibniz-hki.de, +49 3641 1201
Download high-resolution images via http://www.ice.mpg.de/ext/downloads2017.html