Wirkstoff-Forscher erhält Leibniz-Nachwuchspreis
Der Leibniz-Nachwuchspreis 2014 geht an den ehemaligen HKI-Doktoranden Tom Bretschneider
Von Tina Kunath
Jena. Deutsch oder Geschichte? Ein Graus. Spannend sind für Tom Bretschneider in der Schule lediglich Mathematik, Biologie, Chemie und Physik. Während er also in Geschichte das Auswendiglernen scheut, baut er in Physik selbst ein Radio. Und auch nach der Schule hält er sich an seine Stärken, studiert Biotechnologie und promoviert in Biochemie. Keine schlechte Entscheidung: Tom Bretschneider wurde nun mit dem Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft ausgezeichnet.
Es ist die große pharmazeutische Frage des 21. Jahrhunderts, welcher sich Tom Bretschneider in seiner Doktorarbeit widmet: Wie können neue Wirkstoffe für zukünftige Medikamente gefunden und entwickelt werden? In der Natur existieren viele Substanzen, die wegen ihrer Wirkung beispielsweise gegen Tumore oder Infektionen interessant für die Medizin sind. Diese Substanzen werden unter anderem von Bakterien gebildet und haben einen genauen Bauplan. Wissenschaftler können diesen erforschen und verändern, je nachdem wie sich ein nützlicher Wirkstoff gewinnen lässt.
Auch der 28-jährige Tom Bretschneider beschäftigt sich mit solchen Bauplänen. Sein Interesse weckt hierbei ein bestimmter Schritt im Bauplan des Naturstoffes Rhizoxin, welches in Reispflanzen vorkommt. Er erforschte wie eine bestimmte Gruppe im Rhizoxin, die ausschlaggebend für seine medizinische Wirkung ist, gebildet wird. Und entdeckte dabei ein völlig neues Prinzip der Kettenverzweigung in Naturstoffen. Seine Promotion wird nicht nur mit „Summa cum laude“ ausgezeichnet, sondern seine Forschung auch in internationalen Fachzeitschriften wie Nature oder Nature Chemical Biology veröffentlicht. Zum Festakt der diesjährigen Leibniz-Jahrestagung am 27. November in Berlin wurde er nun für seine überdurchschnittliche Promotionsleistung mit dem Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft in der Kategorie „Natur- und Technikwissenschaften“ ausgezeichnet.
Die Welt der Biochemie und Pharmazie lernt Tom Bretschneider eher durch Zufall kennen: „Mein Vater hat immer in unterschiedlichen Firmen gearbeitet. Mal war es in der Papierindustrie, mal im Maschinenbau. Ich durfte ihn als Kind oft dort besuchen, was meistens nicht so spannend war. Aber irgendwann ist er dann in der Pharmaindustrie gelandet und ich habe das erste Mal gesehen, wie diese kleinen Kapseln hergestellt werden. Das fand ich ungeheuer spannend!“ Es ist also kein Zufall mehr, dass er sich 2005 für ein Biotechnologie-Studium an der Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena einschreibt und nach seinem Abschluss dort am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) für eine Promotion anheuert.
Nach der erfolgreichen Doktorarbeit zieht es Tom zurück in die Produktion von Medikamenten. „In der Wissenschaft habe ich an Stoffen gearbeitet, von denen ich nicht wusste, ob sie in nächster Zeit von der Medizin genutzt werden können. Ich möchte aber lieber daran arbeiten, den Menschen das Leben so schnell wie möglich zu erleichtern.“ Seit Ende 2013 arbeitet er in einem schwäbischen Pharmaunternehmen als Postdoc.
Der Nachwuchspreis der Leibniz-Gemeinschaft wird jährlich in den Kategorien „Natur- und Technikwissenschaften“ sowie „Geistes- und Sozialwissenschaften“ an zwei junge Wissenschaftler mit überdurchschnittlichen Promotionsleistungen vergeben. Er ist jeweils mit 3.000 Euro dotiert. Die Auswahl der Preisträger trifft eine zwölfköpfige Jury. Schon 2006 ging ein Leibniz-Nachwuchspreis nach Jena: Andrea Walther wurde für ihre Forschung an krankmachenden Hefepilzen ausgezeichnet.
Bildunterschrift
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Der Leibniz-Nachwuchspreisträger 2014 Tom Bretschneider bei der Arbeit an einem MALDI/TOF-Massenspektrometer am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut.
Quelle: (HKI/Kunath)
Originalpublikationen
Bretschneider T, Heim JB, Heine D, Winkler R, Busch B, Kusebauch B, Stehle T, Zocher G, Hertweck C (2013) Vinylogous chain branching catalysed by a dedicated polyketide synthase module. Nature 502, 124.
Bretschneider T, Zocher G, Unger M, Scherlach K, Stehle T, Hertweck C (2012) A ketosynthase homolog uses malonyl units to form esters in cervimycin biosynthesis. Nat Chem Biol 8, 154.
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 380 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
Dr. Michael Ramm
Wissenschaftliche Organisation
Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI) –
Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
Telefon: +49 3641 5321011
Mobil: +49 176 54909562
E-Mail: presse@hki-jena.de
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