Bis 2016
Wir forschen an antimikrobiellen Wirkstoffen
Antimikrobielle Wirkstoffe besitzen eine herausragende Bedeutung. In der Medizin sind sie unverzichtbar für die Behandlung von lebensbedrohlichen Infektionen, in der Lebensmittelindustrie werden sie als Konservierungsstoffe genutzt und in der Agrarwirtschaft dienen sie der Bekämpfung von Schaderregern. Die meisten der heute zum Einsatz kommenden antimikrobiellen Verbindungen sind Naturstoffe oder deren Derivate. Dies ist zum einen auf die strukturelle Vielfalt dieser Substanzen und zum anderen auf ihre im Verlauf der Evolution optimierte Affinität zu biologischen Zielstrukturen zurückzuführen.
Aufgrund der zunehmenden Ausbreitung von resistenten Krankheitserregern, besteht ein permanenter Bedarf neue antimikrobielle Wirkstoffe zu identifizieren. Die Analyse von Bakterien- und Pilz-Genomen belegt, dass das Potential dieser Organismen zur Produktion von Antibiotika bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Tatsächlich finden sich in mikrobiellen Genomen zahlreiche Stoffwechselwege, die sich nicht mit bekannten Metaboliten assoziieren lassen. Unsere Forschung ist auf die Erschließung dieser bislang nicht genutzten Ressourcen ausgerichtet.
Im Fokus unseres Interesses stehen
- Antibiotika aus räuberischen Bakterien
- Bakterielle Pflanzenschädlinge und ihre Naturstoffe
- Genome Mining-basierte Verfahren zur Identifizierung neuer Wirkstoffe
- die molekularen Grundlagen der Antibiotika-Biosynthese
- die biotechnologische Produktion von bioaktiven Naturstoffen
Leitung
Wirkstoffsuche in räuberischen Bakterien
Bakterien, die sich in Rudeln zusammenschließen um Jagd auf andere Bodenbewohner zu machen, stehen im Fokus unserer Forschung. Die Rudelbildung ermöglicht diesen Mikroorganismen den Einsatz einer spezifischen Jagdstrategie, von der alle Beteiligten profitieren. Während eine einzelne Zelle nicht in der Lage ist, die für eine Tötung der Beute notwendige Menge eines Antibiotikums bereitzustellen, vermag dies ein Verbund aus mehreren räuberischen Bakterien sehr wohl. Diese kollektive Zusammenarbeit, die sich im Verlauf der Evolution in zahlreichen taxonomisch entfernt stehenden Bakterien herausgebildet hat, macht Rudel-bildende Bakterien zu einer vielversprechenden Quelle für die Findung neuer, dringend benötigter Antibiotika. Im Rahmen dieses Projektes isolieren wir räuberische Bakterien aus Boden- und Süßwasserhabitaten und untersuchen sie auf die Produktion medizinisch nutzbarer Verbindungen. Unterstützt werden diese Arbeiten durch den Einsatz sog. Genome Mining-Strategien.
Neue bakterielle Siderophore
Siderophore sind Naturstoffe, die die Eisenversorgung von Mikroorganismen sicherstellen. Diese Verbindungen sind sowohl als Virulenzfaktoren für pathogene Bakterien und Pilze, aber auch als mögliche Träger („Carrier“) für Antibiotika von großem Interesse. Neben ihrer medizinischen Relevanz tragen Siderophore in der Umwelt zudem zur Strukturierung von mikrobiellen Gemeinschaften bei. Durch die Analyse genomischer Sequenzdaten identifizieren wir Bakterien, die neuartige Siderophore produzieren. Wir isolieren und charakterisieren diese Moleküle und untersuchen ihre Bedeutung in dem jeweiligen ökologischen Kontext.
Zu verstehen, wie Mikroorganismen komplexe Moleküle zusammenbauen, eröffnet vielfältige Anwendungsfelder im Bereich der Biotechnologie und der Medizin.
Wir beschäftigen uns insbesondere mit der Biosynthese von Antibiotika, die aussichtsreiche Kandidaten für neue Arzneistoffe sind. Durch Methoden der genetischen Rekombination und Biokombinatorik, aber auch durch den Einsatz chemisch synthetischer Verfahren werden die Stoffwechselwege zu Naturstoffen gezielt manipuliert. Auf diese Weise erzeugen wir Derivate mit anwendungs-spezifisch optimierten Eigenschaften. Ein Beispiel ist die Generierung neuer Antibiotika gegen Mykoplasmen. Diese Bakterien können beim Menschen zahlreiche Erkrankungen der Atemwege hervorrufen, für deren Behandlung zur Zeit nur wenige Wirkstoffe zur Verfügung stehen.
Prädationsstrategie von Cupriavidus necator
Cupriavidus necator ist ein im Boden weit verbreitetes räuberisches Bakterium. Vorläuferstudien haben gezeigt, dass C. necator in Gegenwart von Beuteorganismen ein peptidisches Molekül sezerniert, das eine hohe Affinität zu Kupfer(II)-Ionen aufweist. Die selbe Verbindung soll zudem eine bedeutende Rolle in der Interaktion mit dem Actinomyceten Agromyces ramosus spielen, der selbst ein aggressiver mikrobieller Räuber ist. A. ramosus breitet sich (wie für einen Actinomyceten typisch) über Myzelbildung aus. Kommt das Myzel in Kontakt mit potentiellen Beutezellen, beginnt der Actinomycet hydrolytische Enzyme freizusetzen, um diese Organismen zu verzehren. Das gleiche Verhalten wird auch bei einem Aufeinandertreffen von A. ramosus und C. necator beobachtet. In diesem besonderen Fall schlagen die angegriffenen Zellen jedoch zurück. Der Gegenangriff geht zeitlich mit der Freisetzung des Kupfer-bindenden Peptids einher und er endet mit einer vollständigen Vernichtung des Actinomyceten. Ziel dieses Projektes ist die Identifizierung und strukturelle Charakterisierung der Kupfer-bindenden Verbindung und die Klärung der Faktoren, die ihre Produktion induzieren.