Bis 2017
Wir erforschen Wechselwirkungen zwischen Wirt und Pathogen mit dem Fokus auf Chlamydien und humanpathogene Pilze
- Transcriptomics
- In vivo-induzierte Antigen-Technologie
- Protein-Protein Interaktionen
- Mikrobiom-Wirts Interaktionen
- Melanin und Aspergillus
- PET/CT und Infektion, Knochenmetabolismus und Entzündung
Die Abteilung Zell- und Molekularbiologie beschäftigt sich mit den molekularen Grundlagen von Interaktionen zwischen Wirt und Pathogen. Als Modellwirte untersuchen wir menschliche Zellen, Mäuse und Hühnerembryonen im Ei. Die Pathogene, die für uns eine zentrale Rolle spielen, sind Chlamydien und pathogene Pilze.
Im Rahmen der biologischen Projekte erforschen wir Infektionsabläufe in lebenden Organismen (Imaging) und die Reaktion infizierter Organe auf molekularer Ebene (komparative Genomics, Transcriptomics und Interactomics). Am PET-CT-Instrument (Positron Emission Tomography – Computed Tomography) findet das Imaging statt. Es kombiniert die hohe räumliche Auflösung und die anatomischen Details des CT mit den molekular quantifizierbaren Bildern des PET. Dabei erfordern sowohl die Genom-, Transkriptom- als auch die Interaktomanalysen eine Hochdurchsatzsequenzierung. Um die verschiedenen Wirts-spezifischen Antworten wirkungsvoll erfassen zu können, entwickeln wir hochmoderne Mikro- und Nano-Systeme. Mit ihnen können jeweils mehrere tausend Proben aus einer Reihe unterschiedlicher Biomoleküle gleichzeitig und unter nahezu identischen Versuchsbedingungen untersucht werden. Zur Zeit beschäftigen wir uns mit Vielfarben-hyperspektralem Imaging von Biomolekülen auf Festkörperoberflächen und in infizierten lebenden Zellen.
Leitung
Chlamydiales Transkriptom
2010 wurde begonnen genomische und transkriptionelle Aspekte differentieller Virulenz und Wirtspräferenz innerhalb der Chlamydiaceae zu untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt waren mehrere vollständige Genome der human- bzw Säugetier-spezifischen Wirtsspezialisten Chlamydia trachomatis and C. pneumoniae veröffentlicht, während noch kein Genome des Generalisten C. psittaci zur Verfügung standen. Um diese Lücke zu schließen wurde eine de-novo Genomsequenzierung mehrerer Säugetierstämme sowie des aviären Typusstamms auf den Roche 454 und Illumina HiSeq Hochdurchsatzsequenzierungsplattformen durchgeführt. Fünf Genome konnten lückenlos assembliert und annotiert werden.
Als ersten Schritt zur Analyse der Wechselwirkungen von genomischer Variation zwischen chlamydialen Genomen und Unterschieden in der Biologie bzw. Wirtspräferenz dieser Erreger, wurde ein globaler Genomvergleich aller bis dato voll sequenzierten Chlamydiaceengenome durchgeführt. Die Vergleiche zeigten einen hohen Grad von Sequenzkonserviertheit und Syntenie innerhalb der Familie, mit Ausnahme weniger linienspezifischer bzw. rasch evolvierender Proteinfamilien. Mit Ausnahme der PMPs, ließ sich praktische keine genomische Variabilität in kodierenden Bereichen zwischen C. psittaci-Isolaten aus unterschiedlichen Wirten nachweisen. Weiterführende RNA-Seq-Experimente mit dem Ziel Transkriptionsmuster über Infektionsverläufe bzw. die direke Wechselwirkung zwischen dem Wirtstranskriptom und dem Pathogentranskriptom zu erfassen sind geplant. Um dies zu ermöglichen wurden im letzen Jahr experimentelle Protokolle zur sauberen mechanischen Trennung (Ultrazentrifugation durch einen diskontinuierlichen Dichtegradienten) von eukaryotischem und prokaryotischem Material sowie von chlamydialen Elementarkörperchen (infektiöses Stadium) und Retikularkörperchen (metabolisch aktives Stadium) entwickelt (Abbildung 1_1).
In vivo-induzierte Antigen-Technologie
Mit dem Ziel nähere Einblicke in die Virulenz von C. psittaci zu gewinnen, analysieren wir Wirtsantigene, die bei Chlamydieninfektionen gebildet werden. Um dies zu ermöglichen verwenden wir Wirtsseren von mit C. psittaci infizierten Kälbern (FLI, Jena). Mittels IVIAT (In vivo induced antigen technology) (Abbildung 2_1) „screenten“ wir eine zuvor hergestellte C. psittaci Expressionsbank (120.000 Klone von genomischen Zufallsfragmenten). Als Resultat erhielten wir interessante, zum größten Teil noch unbekannte, antigenische Determinanten, die während der Infektion in den Kälbern exprimiert werden. Es handelt sich vor allem um Proteine, die in Virulenz, Metallakquisition, Transport, Regulation, Zellwandsynthese und Zellwandstruktur involviert sind.
Beide, sowohl die humorale wie auch die Zell-vermittelte Immunität sind für den Schutz gegen chlamydiale Infektionen und die Beseitigung der Bakterien wichtig. In unserem Fall kann IVIAT die Antikörper-vermittelte Immunantwort hervorheben.
Protein-Protein Interaktionen
Chlamydien beeinflussen zelluläre Funktionen wie Apoptose und Immunantwort. Studien mit Inhibitoren der bakteriellen Proteinsynthese lassen darauf schließen, dass die Beeinflussung der Wirtszellfunktionen die Aktivität chlamydialer Proteine erfordert. Alle Chlamydienarten verfügen über ein Typ III-Sekretionssystem (TTS) – ein Protein-Transportsystem, das von Gram-negativen Bakterien genutzt wird, um Proteine in das Zytoplasma der Wirtszelle zu sekretieren. Es ist daher allgemein akzeptiert, dass chlamydiale Effektorproteine mittels TTS an die Membran der Einschlusskörper transportiert werden und dort durch die Interaktion mit Wirtsproteinen die Modulation der Wirtszellfunktionen bewirken (Abbildung 3_1). Wechselwirkungen zwischen chlamydialen Effektorproteinen und Wirtszellproteinen spielen eine Rolle in allen Entwicklungsstadien der Chlamydien – von der Adhäsion und Internalisierung der EBs bis zum Austritt aus der Wirtszelle. Während Untersuchungen derartiger Wechselwirkungen bisher ausschließlich an humanpathogenen Arten wie C. trachomatis and C. pneumoniae vorgenommen wurden, fokussieren wir unsere Untersuchungen auf IncA und IncB sowie immunogene Proteine von zoonotischen Chlamydien wie C. psittaci and C. abortus als Baits in Hefe-Zwei-Hybrid Screens um nach interagierenden Wirtsproteinen zu suchen und dadurch Hinweise auf die Funktionen der chlamydialen Proteine zu bekommen. Ausgewählte Protein-Protein-Interaktionen werden im Detail untersucht, um Hinweise auf ihre funktionale Bedeutung zu bekommen.
Mikrobiom-Wirts Interaktionen
2012 wurde im Rahmen einer SPICE-III Kooperation mit einem Projekt zur taxonomischen und funktionelle Charakterisierung mikrobieller Darmbiota in wirtschaftlich relevanten Meeresorganismen (Fische, Mollusken, Crustaceen) aus schadstoffbelasteten bzw. unbelasteten indonesischen Küstengebieten begonnen. Es sollen a)prokaryotische taxonomische Profile durch gezielte 16S-Hochdurchsatzsequenzierung und b) Schappschüsses des prokaryotischen und eukaryotischen intestinalen Gengehalts der Zielorganismen durch Metagenomsequenzierung, gewonnen werden. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei der Frage gewidmet werden in welchem Ausmaß Wirtsorganismus und die Schadstoffbelastung der umgebenden Umwelt auf die Zusammensetzung und Häufigkeit potentiell pathogener Taxa Einfluss nehmen. Für eine erste Evaluierung wurden Amplikons der variable V4-Region des 16S-Gens für insgesamt 24 Kotproben von drei lokalen Speisenfisch-Spezies, Epinephelus fuscoguttatus, E. sexfasciatus und Atule mate aus der schadstoffbelasteten Jakarta Bay und der relativ unbelateten Region Cilacap sequenziert. Insgesamt 8.8 Mio. Sequenzen konnten erfolgreich einem von 530 identifizierten Ribotypen zugeordnet werden. Vorläufige Analysen der taxonomischen Zusammensetzung der Mikrobiome zeigten stark spezies-spezifische Effekte, wobei das E. fuscoguttatus Mikrobiom von γ-Proteobakterien der Genera Photobacterium und Vibrio dominiert wird, während die häufigsten Ribotypen in E. sexfasciatus und A. mate Vertreter der β-Proteobakterien und Clostridien waren.
Melanin und Aspergillus
Konidien des opportunistischen humanen Pathogens Aspergillus fumigatus können Apoptose in Makrophagen inhibieren.In unserem Labor konnte gezeigt werden, dass dabei das fungale Melanin (DHN) eine zentrale Rolle spielt. Apoptoseinhibition konnte sogar mit isoliertem oder synthetischem DHN-Melanin gezeigt werden. Diese Versuche sollen nun auf humane Lungenepithelzellen erweitert, da Aspergillenkonidien vor allem über die Atemluft in die Wirtslungen gelangen. Erste Ergebnisse zeigten, dass die Gegenwart von DHN-Melanin die Aufnahme von Wildtypkonidien sogar noch verstärkt, was bei pigmentlosen Mutanten nicht der Fall war. Ebenfalls vollkommen neu ist, dass Wildtypkonidien sogar in nicht apoptotischen Ephitelzellen überleben und dabei das Melanin die Ansäuerung der Phagolysosomen verhindert. Diese Resultate konnten auch mit DOPA-Melanin reproduziert werden (Abbildung 5_1).
PET/CT und Infektion
Das Hauptziel dieses Projektes ist die Etablierung des embryonalen Hühnereis als Modellsystem für die Untersuchung von Infektionsprozessen verursacht durch C. albicans, A. fumigatus und C. psittaci. Die Arbeiten umfassen die Entwicklung von Narkose- und Injektionstechniken. Darüber hinaus entwickeln und evaluieren wir verschiedene radioaktive Tracer für in vivo and in vitro Untersuchungen von Infektionen hervorgerufen durch die erwähnten Pathogene. Schließlich werden Protokolle für die Imagedaten-Analyse erarbeitet und angewandt (Abbildung 6_1).
PET/CT und Knochenmetabolismus
Auch wenn die Hühnerembryogenese sehr intensiv studiert worden ist, gibt es trotzdem ein wachsendes Interesse was Skeletogenese betrifft. Dabei fehlen vor allem in vivo Daten, da solche Studien nicht invasive Techniken, wie beispielsweise µCT, voraussetzen. Solche Studien waren aber erst nach der Lösung des Bewegungsartefaktproblems möglich. Da die manuelle Analyse von CT-Aufnahmen sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und auch subjektiv sind, entwickelten wir ein System für die automatisierte Bildsegmentierung, das eine Objekt-basierte Analyse und auch die Klassifizierung von extrahierten Bildobjekten erlaubt. Die Segmentierung basiert auf einem Regelsatz, der mit Hilfe der Definiens Bildanalysesoftware entwickelt wurde. Zusätzlich wurde für die Klassifizierung Weka (Waikato Environment for Knowledge Analysis) implementiert, was besonders gut für maschinelles Lernen und Data-Mining geeignet ist. Unser System reduziert die Auswertezeit und ist trotzdem sehr zuverlässig. Mit Hilfe dieser Software gelang es uns zum ersten mal Knochenwachstum in lebenden Hühnerembryonen zu quantifizieren und eignet sich ausgezeichnet für automatisierte Segmentierung, Klassifizierung, Quantifizierung und Visualisierung von µCT Bildern (Abbildung 7_1).
PET/CT und Entzündung
Die rheumatoide Arthritis ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen und manifestiert sich hauptsächlich in Form von Gelenkentzündungen und Knochenerosion sowie -deformation. Bis heute gibt es keine Heilung für die Krankheit und auch die Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Eine frühzeitige Diagnose kann die symptomatische Behandlung jedoch verbessern und ist wichtig für die Evaluierung neuer Therapeutika. Der Goldstandard zur Untersuchung experimenteller Arthritis in murinen Modellen ist die histopathologische Diagnostik, bei der die Versuchstiere getötet werden müssen um den Status entzündlicher Prozesse oder Knochenerosion festzustellen. Im Gegensatz hierzu ist die Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (PET/CT) minimalinvasiv und deshalb ein vielversprechender Ansatz zur Erforschung arthritischer Vorgänge. Diese multimodale Bildgebung bietet die Möglichkeit experimentelle Arthritis in vivo und in longitudinalen Studien zu untersuchen. Außerdem kann so die Anzahl benötigter Versuchstiere drastisch reduziert werden.
Das aktuelle Projekt umfasst die Anwendung von 18F-Flourid als Tracer für den Knochenmetabolismus, als auch eine weiterführende Quantifizierung von Knochenabbau basiert auf Bildgebung mittels CT. In einer engen Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Angewandte Systembiologie werden derzeit neue computergestützte (semi-) automatisierte Ansätze zur Bildanalyse entwickelt. Die Kombination aus funktionaler Bildgebung mittels PET, welche Einblicke in den Knochenmetabolismus gibt, und hochaufgelöster Bildgebung der Knochen mittels CT bietet die Möglichkeit Diagnostik als auch Therapieansätze in Tiermodellen zu verbessern und somit die Erforschung rheumatoider Arthritis des Menschen voranzutreiben (Abbildung 8_1).