Komplex, komplexer, Immunsystem
Christine Skerka erhält außerplanmäßige Professur der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Von Tina Kunath
Jena. Die Einsicht in Phänomene des menschlichen Körpers gelingt nicht mit einem Schlag. Mit dieser Tatsache hat die HKI-Immunologin Christine Skerka bestens gelernt umzugehen: Schritt für Schritt konnte sie entscheidende Prinzipien der Immunregulation ermitteln. Nun wurde sie mit einem Professorentitel der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) ausgezeichnet.
Krankheiten kann man auf ganz unterschiedliche Arten erforschen. Die Abteilung Infektionsbiologie am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) widmet sich unter anderem dem Komplementsystem, einem Teil der Immunabwehr, der besonders schnell und direkt auf bakterielle Eindringlinge reagiert. „Wir schauen uns an, wie der Verursacher der Krankheit vorgeht, was im Körper nicht mehr richtig funktioniert – was die Krankheit also für Folgen hat – , aber auch welche speziellen Regulatoren des Immunsystems von der Krankheit wie auch vom Körper ausgenutzt werden“, sagt Christine Skerka, die die Gruppe Immunregulation leitet und nun eine gleichnamige Professur an der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät der FSU bekleidet. „Ich bin sehr glücklich über diese besondere Auszeichnung. Meine Leistungen als Projektleiterin und Dozentin werden damit gewürdigt und diese Professur zeigt, dass man in Jena auch als Wissenschaftlerin sehr gute Möglichkeiten hat.“
Es waren die Anfänge der Molekularbiologie, die Christine Skerka in den 1970er Jahren als Schülerin im Biologieunterricht besonders aufhorchen ließen. „Die Biologie hat damals einen enormen Sprung gemacht. Plötzlich haben wir im Unterricht nicht mehr nur Tiere klassifiziert, sondern Themen wie DNA und Genanalyse besprochen.“ In Bremen studiert sie Biologie, arbeitet an Eiweißen und Pilzen. Um für ihre Promotion zu forschen, geht sie 1985 ans National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) in die USA – mit großen Erwartungen: „Das NIAID ist ein wichtiger Ort für die Forschung an Infektionen und dem Immunsystem. Da wird Wissenschaft gemacht! Für mich war es natürlich auch toll aus dem streng durchorganisierten Deutschland ins damals offene, vielfältige Amerika zu kommen.“
Im Umbruchsjahr 1989 kommt sie zurück nach Deutschland und forscht am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg – wegweisend für ihre weitere Arbeit. „Der Leiter damals war eine Koryphäe auf dem Gebiet des Komplementsystems. So bin ich damit in Verbindung gekommen.“ Dass die Arbeit am Komplementsystem durchaus langwierig ist, kann Christine Skerka heute mehr denn je bestätigen: „In Hamburg habe ich damals Moleküle identifiziert, die in bestimmten Erkrankungen eine Rolle spielen. Deren Funktion ermittle ich mit meinem Team heute noch.“
Mit vier Doktoranden und einem Masterstudenten forscht sie an speziellen Erkrankungen wie Dense Deposit Disease, einer Nierenkrankheit, die zum Versagen der Organe führt. „Wir arbeiten eng mit Medizinern unterschiedlicher Krankenhäuser zusammen. Erst heute habe ich mit einem Arzt telefoniert, dem ich bestätigen konnte, dass die vorgeschlagene Spenderniere für seine Patientin passt. Das ist nur ein kleiner Teil unserer Arbeit, aber er baut die ganze Gruppe auf.“ Seit 2000 forscht sie nun am HKI, aber noch längst sind nicht alle Fragen beantwortet: „Sobald man etwas weiß, stößt man neue Türen auf. Wir werden aber auch in Zukunft an unseren Fragestellungen arbeiten: Auswirkung der Immunreaktion auf unterschiedliche Bereiche des Körpers und Auseinandersetzung der Pilzinfektion mit dem Komplementsystem. Ein Musiker legt sein Instrument ja auch nicht beiseite, wenn er ein paar Stücke damit spielen kann. Er will möglichst viele Stücke spielen lernen.“
Bildunterschrift
Prof. Dr. Christine Skerka (Foto: HKI/Ramm)
Informationen zum HKI
Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet modifiziert.
Das HKI verfügt über fünf wissenschaftliche Abteilungen, deren Leiter gleichzeitig berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut, darunter das anwendungsorientierte Biotechnikum als Schnittstelle zur Industrie. Gemeinsam mit der FSU betreibt das HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten mehr als 380 Personen am HKI, davon 130 als Doktoranden.
Das HKI ist Initiator und Kernpartner großer Verbundprojekte wie der Exzellenz-Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio) und ChemBioSys, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics sowie von InfectControl 2020 – Neue Antiinfektionsstrategien, einem Vorhaben im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Seit 2014 ist das HKI Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi –, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
Ansprechpartner
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Wissenschaftliche Organisation
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Adolf-Reichwein-Straße 23
07745 Jena
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