Neues Konzept der Arzneimittelentwicklung

Internationales Forschungsteam verbessert DNA-Reparatur-Protein

Ein circa fünf Meter langes Laborgerät, zu sehen sind ein großes Metallrohr und Metallkästen mit diversen Kabeln sowie ein Wissenschaftler in weißem Laborkittel.
Das MALDI-TOF Massenspektrometer in der Gruppe Biomolekulare Chemie am Leibniz-HKI. Quelle: Anna Schroll/Leibniz-HKI

In einer neuen Studie in Science beschreiben Forschende, wie sie die Fähigkeit eines Proteins zur Reparatur oxidativer DNA-Schäden verbessert haben. Das internationale Forschungsprojekt, an dem auch Forschende des Leibniz-HKI beteiligt waren, wurde von dem schwedischen Karolinska Institutet und SciLifeLab geleitet. Die neue Technik kann zu verbesserten Arzneimitteln für Krankheiten wie Krebs, Alzheimer und Lungenkrankheiten führen, die mit oxidativem Stress verbunden sind.

Neue Arzneimittel werden häufig designt, um bestimmte Proteine zu hemmen, die an der Infektion beteiligt sind. Viele Krankheiten werden jedoch durch einen Verlust oder eine Abnahme der Proteinfunktion verursacht, die nicht direkt mit Hilfe von Hemmstoffen angegangen werden kann.

In der aktuellen Studie verbesserten Forschende des Karolinska Institutet daher die Funktion eines Proteins namens OGG1 – ein Enzym, das DNA-Schäden repariert. Solche Schäden werden mit dem Altern und Krankheiten wie Alzheimer, Krebs, Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunkrankheiten und Lungenerkrankungen in Verbindung gebracht.

Um die Funktion des Enzyms zu verbessern, benutzten die Forschenden kleine organische Moleküle, die als Katalysatoren dienen und chemische Reaktionen einleiten können, ohne selbst Teil des Endprodukts zu sein. "Wenn wir den Katalysator in das Enzym einführen, wird das Enzym zehnmal effektiver bei der Reparatur oxidativer DNA-Schäden und kann eine neue Reparaturfunktion ausüben", sagt der Erstautor der Studie, Maurice Michel, Assistenzprofessor an der Abteilung für Onkologie und Pathologie des Karolinska Institutet.

Forschende der Gruppe Biomolekulare Chemie am Leibniz-HKI analysierten die Bindung der Reparaturproteine an DNA in Gegenwart der Katalysatoren mit Hilfe einer speziellen Form der Massenspektrometrie. Die sogenannte MALDI-TOF Massenspektrometrie ist relativ zerstörungsarm, sodass die Bindung nicht zerstört wird.

Die Forschenden hoffen, dass auf diese Weise verbesserte OGG1-Proteine als Medikamente gegen Krankheiten genutzt werden können, bei denen oxidative Schäden eine Rolle spielen. Professor Thomas Helleday von der Abteilung für Onkologie und Pathologie am Karolinska Institutet, Letztautor der Studie, sieht jedoch auch breitere Anwendungsmöglichkeiten. "Wir glauben, dass diese Technologie einen Paradigmenwechsel in der pharmazeutischen Industrie einleiten könnte, bei dem neue Proteinfunktionen erzeugt werden, anstatt durch Inhibitoren unterdrückt zu werden", sagt Thomas Helleday.

Originalpublikation

Michel M et al. (2022) Small molecule activation of OGG1 increases repair of oxidative DNA damage by gaining a new function. Science, doi: 10.1126/science.abf8980

Mitarbeiter*innen

Christian Hertweck
Anna Komor